Ursula Lindemann an Lotti, 2. Juli 1944

Köln, den 2.7.44.

Meine liebe Lotti,

heute am Sonntag finde ich wieder Zeit, Dir zu schreiben. Die anderen Wochentage sind alle zu sehr ausgefüllt, so daß ich nur noch Sonntags ein wenig Zeit für mich finde. – Letzten Dienstag haben wir nun endlich etwas Bestimmtes über unseren diesjährigen Einsatz gehört. Du wirst lachen, wenn Du hörst, daß für uns der Straßenbahndienst für 3 Wochen vorgesehen ist! Ich werde mir gewiß recht komisch vorkommen, Straßenbahnschaffnerin mit Hängezöpfen zu spielen. Aber es wär bestimmt mal ganz interessant sein, und so lernen wir ja auch mal diesen Beruf kennen. Nebenbei müssen wir noch Funkkurse mitmachen, um im Notfall eingesetzt zu werden.

Nach diesem Einsatz werden wir dann noch ungefähr 3 ½ Wochen Ferien haben, bis zum 3. Septb. Aber vorläufig sind wir ja noch garnicht so weit, sondern wir werden tüchtig für die Versetzung und für die Zeugnisse geprüft. Am Freitag, den 14. beginnen die Ferien und ich hoffe, daß ich dann gleich nächsten Montag mit meinem Dienst beginnen kann. Hoffentlich habe ich Glück und bekomme entweder die

Linie 11, 14 oder 9 zugewiesen. Ich bin wirklich gespannt wie sich noch alles gestalten wird.

Wann beginnen Deine Ferien? Es ist ja wirklich ein großes Glück für Dich, daß Du keinen Einsatz zu machen brauchst, und so dann ganz in Ruhe arbeiten und auch Dich erholen kannst.

Jetzt gleich wird in der Feierstunde „unsterbliche Musik Deutscher Meister“ die Erika gespielt. Vielleicht wirst Du sie auch hören? Ich freue mich schon sehr.

Köln, den 7.7.44.

Nun ist der Brief so lange liegen geblieben, da am Sonntagnachmittag Klaus ganz unerwartet für par Stunden in Urlaub kam. Er ist jetzt auf dem Transport nach Frankreich – Hans ist ja nun in Rußland, und er schreibt uns fast alle 2 Tage. Vorläufig ist es bei ihm noch ruhig, nur nachts haben sie manchmal Alarm.

Eben habe ich Vater zum Bahnhof gebracht, er fährt wieder nach Dresden. Sonntag will er wieder zurück sein und Montag muß er nach Berlin fahren. Allmählich lebt er nur noch auf der Bahn.

Übernächste Woche fährt er wahrscheinlich mit dem Auto nach Mannheim, und vielleicht kann er mich dann mitnehmen. -

Alarm haben wir immer noch fast jede Nacht. Vor einigen Wochen war ein ziemlich heftiger Angriff auf Wesseling, aber die meisten Bomben sind auf das vorgetäuschte Werk gefallen.

Nun ist es inzwischen schon recht spät geworden, und ich will schnell ins Bett steigen um bis zum Alarm schon etwas vorgeschlafen zu haben. Grüße bitte Deine Mutter bitte schön von mir. Dir viele liebe Grüße von Deiner Ulla.