Christa Lehmacher an ihren Bruder Robert Weichelt, 10. Juni 1939

Köln, den 10.6.1939

Lieber Robert!

Leider musste ich bemerken, daß Du einer Aussprache mit mir aus dem Wege gehst. So muss ich eben auf diesem Wege mit Dir reden.

Es hat mir sehr leid getan, daß Du nicht zu meiner Trauung gekommen bist. Ich hatte mir so schön gedacht, daß an diesem Tag, der doch für mich ein entscheidender war, das Verhältnis zwischen uns Geschwistern und dann auch das zu meinem Mann dasselbe würde, wie es in früheren Zeiten war. Ich betrachtete es als ein Selbstverständlichkeit, daß Du mitkamst. Deshalb habe ich überhaupt mit keinem Gedanken daran gedacht, Dich

einzuladen. Leider ist ja in der letzten Zeit eine Spannung zwischen uns. Aber ich habe nicht gedacht, daß diese soweit gehen würde, daß ich Dich offiziell bitten müßte!

Zu meiner bittersten Enttäuschung mußte ich erfahren, daß diese meine schönste Hoffnung und mein größter Wunsch an meinem Hochzeitstage, nähmlich die Versöhnung zwischen uns, nicht zustande kam. Das hat mir bitter weh getan.

Nunmehr möchte ich Dir aber doch auf diesem etwas ungewöhnlichen Wege meinen Dank abstatten für die wunderschönen Blumen sowie für Deinen Brief. Seltsamerweise erschienen Deine Blumen zu allererst. Sollten wir das nicht als gute Vorbedeutung nehmen? Auch Günther lässt Dir durch mich herzlichst danken.

Alles Gute wünsche ich Dir
Christa