Christa Lehmacher an ihren Bruder Robert Weichelt, 31. Dezember 1943

Goslar, den 31.XII.1943

Lieber Robert, liebe Mummi!

Es hat mir leid getan, daß Ihr Weihnachten nicht kommen konntet. Ich bemühte mich dann auch sogleich und es gelang mir, ein Zimmer für Euch zu bekommen. Nun kam gestern das Absagetelegramm. Schade, es hat mich schon 8.- RM gekostet, um das Zimmer zu erhalten. Und nun kommt Ihr doch nicht. – Ich hatte Euch zu Weihnachten nicht geschrieben und Eure Geschenke mit nach Goslar genommen, weil ich Euch dort erwartete. Ja, dann muß ich die Sachen wohl nun in ein Paket verpacken und Euch schicken. Schade-! Ihr erhaltet von Mehrins das Holzgedöns – Robert bekommt von mir den Waschbeutel und die 3 Herrentaschentücher. Mummi erhält das Ziertaschentuch und das Buch. Hoffentlich gefallen Euch die Sachen. Ich hatte Sie Euch schon unter den Baum gelegt. –

Euer Päckchen habe ich erhalten. Vielen Dank für den Pulunder. Den kann ich wahrhaftig gut gebrauchen. Das Bildchen ist leider unterwegs kaputt gegangen. Der Film wir mir meine Tochter festhalten. Utalein hat sich über die Kette und das Portemonai herrlich gefreut. Inzwischen ist nun auch die Erika eingetrudelt. Die Freude hättet Ihr sehen sollen. Also nochmals vielen Dank. –

Ich hatte Utalein für ihr Püppchen ein Bett und einen Schrank gemacht. In dem Schrank waren sogar Kleiderbügel. Eine Reihe Kleider und Mäntel stattete die Puppe aus. Das hättet Ihr sehen sollen. An – aus – an – aus, den ganzen Tag

Anbei den Brief an Kurt zurück. Er ist sehr gut.

MW

Uta erzählt mir die ganze Zeit was, dabei soll ich schreiben. Ich mußte jetzt gerade einen Riesen, einen Esel, einen Knecht Ruprecht mit nem großen Sack, einen Schmetterling und einen Schneemann malen. –

Ihr hättet die Kinderaugen am Weihnachtsbaum sehen sollen. Strahlend betrachtete sie die Lichter und vergnügt sang sie die Weihnachtslieder mit, die sie gelernt hatte. Und dann – ihr Gabentisch: Bettchen, Schrank, Kleider, Puppe, Burg, Häuser, Puppenstube, Wiege, 2 Bälle, 1 Mosaikspiel. Ein Rodelanzug, ein Schianzug, 1 Paar Schuhe, 3 Garnituren Unterwäsche, 2 Unterröcke, Strümpfe, Taschentücher: eigene, 2 Kleidchen, ach, ich weiß gar nicht mehr alles. Es war jedenfalls wie im Frieden. – Ich bin sehr froh, ein paar Tage zu haben, die ich ganz meinem

Kinde widmen kann. Übermorgen schlägt für mich schon wieder die Stunde der Heimfahrt. Aber, es war für mich ein Fest, einmal wieder mein Kind um mich zu haben, das könnt Ihr Euch doch denken. –

Und nun wünsche ich Euch einen recht guten Rutsch ins neue Jahr. Ich hoffe, daß sich Robert bald einmal wieder bei mir blicken läßt. –

Für das kommende Jahr wünsche ich Euch alles erdenklich Gute und vor allem: ruhige, alarmfreie Nächte – und – vielleicht – den Frieden.

Herzlichst
Eure Christa

Einen guten Rutsch ins neue Jahr wünscht Euch
Eure Uta.