Eltern Schmitt an Sohn Horst, 12. Mai 1942

Bocholt, den 12. Mai 1942.

Lieber Horst!

Soeben, dh. Dienstag morgen, erhielten wir Deinen Brief, der in Nagold am 10.5. zwischen 19 und 20 Uhr abgestempelt worden ist. Wir haben uns über Deine Zeilen sehr gefreut, zumal da wir daraus ersehen, dass Dir alles so ziemlich nach Wunsch gegangen ist. 60 Mann genügt auch für einen Lagermannschaftsführer, wenn es mehr sind, hat man auch mehr Verantwortung. Daß Holzhäusers Dich so nett aufgenommen haben, hat auch uns gefreut. Und wie wirst Du Dich gefühlt haben, als Du auf dem Bann ankamst, wo alles auf den hohen Herrn wartete! Daß Nagold herrlich gelegen ist, war ja ohne weiteres anzunehmen; denn im Gebirge ist es immer schöner als in der Ebene, wenn auch das Leben und Arbeiten in der Ebene im allgemeinen bequemer ist.

Na, mittlerweile wirst Du Dich schon eingelebt haben und Dein tägliches Pensum in gewohnter Weise erledigen.

Mir geht es seit Deinem Weggang bedeutend besser. Vor allem hat sich der Appetit seit Sonntag, wie ich vorausgesagt hatte, erheblich gehoben. Morgen oder übermorgen fahre ich nach Bonn, wo ich mich einige Wochen mästen werde. Ich werde Dir dann von da sofort schreiben. Und wenn wir nach Nagold kommen, werde ich Dir auch rechtzeitig mitteilen. Mutter und Helmut haben vor, in der Woche nach Pfingsten ebenfalls nach Bonn zu fahren und einige Tage die dortige Gegend unsicher zu machen. Mutter war ja seit drei Jahren nicht mehr in ihrer Heimat, und da ist es sicher angebracht, daß sie auch noch einmal in Bonn, Godesberg, Hersel, Uedorf usw. nach dem Rechten sieht.

Sonst hat sich seit Deinem Weggang natürlich nicht viel ereignet. Rudolf fragte am Sonntag, ob Du noch nicht geschrieben hättest. Gestern abend hatten wir ein kleines Gewitter, das den so lang ersehnten Regen gebracht hat. Heute hat es sich wieder aufgeklärt. Ich persönlich bin auch nicht besonders scharf auf Regen, zumal in den nächsten Wochen nicht, wenn er auch für die Bauern gewiß notwendig sein wird.

Lieber Horst! Soeben habe ich auch einen Brief an Heinz Hoffmann geschrieben, der ja, wie Du weißt, Kanonier in Dortmund ist. Falls Du ihm mal schreiben willst, gebe ich Dir hier seine Adresse bekannt:

Kanonier H. Hoffmann, 3. Schwere Artillerie-Ersatz-Abtlg. (mot.) 62
Dortmund, Westfalendamm 385.

Beiliegend schickt Mutter Dir vier Handtücher, die Du natürlich hoch in Ehren halten mußt. Mutter meint, das Handtuch, das Du bereits mitgenommen hast, möchtest Du besonders in acht nehmen, da es ein besseres sei. Also weißt Du Bescheid!

Ceterum censeo tibi esse discendum!!!!!!!

Kannst Du das noch übersetzen? Wenn nicht, denke an den alten Scipio und seinen ewigen Spruch über Karthago, wobei ich noch bemerke, dass discere – lernen heisst.

Nun, lieber Horst, wir verstehen uns ja, darum sei für heute recht herzlich gegrüßt von uns allen, von Mutter, Helmut und besonders von Deinem allmählich wieder runde Backen bekommenden
Vater.

Lieber Horst, für daß erste von Dir mitgenommene Handtuch habe ich unsern Namen auf ein Handtuch aufgenäht. Kannst es ja selber aufnähen. Vergiß morgens und abends das B. nicht und denk dann mal an Vater. Hast Du Dir auch schon mal das Städtchen angesehen? Was sind für Kirchen dort? Für Dein Schleckermaul habe ich auch etwas zugelegt. Laß es Dir gut schmecken! Herzlichen Gruß Mutter.

Mein lieber Großer mach mir keine Schade.