Mutter Schmitt an Sohn Horst, 3. Januar 1944

Bocholt 3.1.44.

Lieber Horst!

Für Deinen schönen langen Weihnachtsbrief herzliche Dank. Du hast ja alles so anschaulich beschrieben, daß man glauben sollte, mit dabei gewesen zu sein. So reichlich hättest Du das Festessen hier bei uns bestimmt nicht gehabt. Etwas hätte ich mir schon gewünscht und zwar eine halbe Gans. Unsere versprochene Gans hat den Weg nach Bocholt nicht gefunden.

Sylvester haben wir bei Kraatz verbracht. Mit Schampus und so, sogar bis 3 Uhr. Das neue Jahr hat so mieß angefangen, wie das Alte aufhörte. Der Regen strömt nämlich immer noch.

Jochen hat geschrieben, daß er von Dir noch nichts bekommen habe. Geschrieben hätte er Dir, aber geantwortet hättest Du nicht. Ich sagte, daß Du ihm schon vor längerer Zeit geschrieben. Es scheint, daß alles verloren gegangen ist.

Wie ist das nun mit Deiner Wäsche? Läßt man Dich nun bald laufen, oder muß ich Dir noch

etwas schicken und was? Beim letzten Paket habe ich die Taschentücher ganz vergessen.

Wie Frl. Scheydik erzählte, würden die vom Bann jetzt zum Arbeitsdienst eingezogen. Ich bin ja sonst nicht gehässig, aber dem Hans Wilk wünsche ich nach Lindlar, wo Helmut war, der hat das verdient.

Morgen werde ich den Weihnachtsbaum „entleeren“; er läßt schon mächtig die „Flügel“ hängen.

Ist das Benehmen der besoffenen Banausen wieder manierlich? Sonst ist hier noch alles im Lot. Ich lege Dir das Schreiben vom Gebiet bei. Kannst ja das Geld nach hier schicken lassen. Für heute recht herzliche Grüße Mutter.

Auch an Heinz viele Grüße und alles Gute im neuen Jahr.

Lieber Großer! Nachdem Mutter so ausführlich geschrieben hat, bleibt für mich nicht mehr viel zu schreiben übrig. Ich schreibe ja auch lieber mit der Maschine, die ich gerade nicht zur Hand habe. Wie habt Ihr denn Silvester gefeiert? Wohl ähnlich wie die Weihnachtstage?

Auf baldiges Wiedersehen sei herzlich gegrüßt von

Deinem Vater.