Freund Heinz an Horst Schmitt, 10. Mai 1944

Bocholt, den 10.5.44.

Lieber Horst!

Hat das eine Selbstüberwindung gekostet, den Federhalter in die Hand zu nehmen. Aber weil Du es bist und ich jetzt ja weiss, dass Du auch noch lebst. Also zunächst möchte ich mich als Ann. a. D. recht herzlich für Deine lb. Zeilen bedanken. Nachdem ich festgestellt habe, dass Dir der Kamm ordentlich „geschwollen“ ist, will ich Dir mitteilen inwieweit das überhaupt noch möglich ist. Also von wegen Einziehung. Mein Vater war Ende der vorigen Woche in Recklinghausen, um sich meiner etwas anzunehmen. Dort sprach er mit einem Oberstleutnant, der ihm die erfreuliche Nachricht brachte, dass wir beide zu besp. Art. eingeteilt sind. Pfundig, nicht? Über unsere Einberufung äusserte er sich, dass sie vielleicht am 20-25.5. stattfinden würde. Genaues wäre noch nicht heraus. Du wirst jetzt wohl einsehen, dass Du Deine Zelte abbrechen musst. Wie kommst Du überhaupt dazu, von Deiner Einziehung im Juni zu sprechen. Ich glaube Horst, solange wirst Du Dich nie halten können. Wir sind die letzten 26er. Und im übrigen wäre es doch tadellos, wenn wir beide zusammenkämen, was wohl nicht der Fall sein wird, wenn wir zu verschiedenen Zeitpunkten einberufen werden. Also sieh‘ mal zu, wie Du es machst. Es wäre sehr schön, wenn ich Dich mal wieder mit der Zivilisation von Bocholt vertraut machen könnte,

anstatt Du mich mit der dortigen. Weisst Du, die letzten Tage möchte ich gerne zu Hause verleben. Sieh‘ zu, dass Du bald hierhinkommst. Dann ist es für mich nicht so langweilig. Langeweile ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck, da ich meinen Vater viel auf der Praxis begleite. Man verbringt die Zeit ja auch mal gerne etwas anders. – Mir gehts soweit tadellos. Der Arbeitsdienst ist mir gut bekommen. Näheres später mündlich.

In der Hoffnung, Dich recht bald froh und gesund wiederzusehen grüsst Dich recht herzlich

Dein Heinz.

Meine Eltern lassen auch herzlich grüssen.