Freund Werner an Horst Schmitt, 10. Mai 1944

Bocholt, 10.V.1944

Mein lieber Horst!

Wie ich vor einigen Tagen hörte, lebst Du noch, und zwar sollst Du Dich immer noch in der KLV herumtreiben. Ich kann dazu nur die Feststellung machen, dass ich sehr lange Zeit nichts mehr von Dir gehört habe und daher nichts Genaueres weiss. Wie soll ich mir eigentlich Dein langes Schweigen erklären? Oder bin ich vielleicht derjenige, bei dem ich den Grund dazu suchen müsste? Wenn dieses der Fall sein sollte, so musst Du schon entschuldigen. Während der letzten Wochen im RAD fehlte mir lediglich die Lust zum Schreiben. Es kam hinzu, dass wir mit einer sehr schnellen Heranziehung zum Wehrdienst gerechnet haben; wodurch wir nur noch „träger“ geworden sind.

Am 25. April brach dann endlich der „Tag der Befreiung“ an. Sehr viele von uns fuhren mit dem Gestellungsbefehl zur Wehrmacht der Heimat entgegen. Heute ist nun schon der 10. Mai. Und immer noch „stenzen“ wir durch Bocholts Hauptstrassen. Wie lange soll das noch anhalten? Ich wollte mich danach auf dem W.B.K. erkundigen, wurde aber mit einer nichtssagenden Antwort abgewiesen. Im anderen Falle würde ich nämlich mit etwas „Positivem“ beginnen. Schade, dass das Sommersemester schon begonnen hat, sonst könnten wir .... ach, es sind ja doch nur „Illusionen“.

Was machst Du denn nun in der KLV? Bist Du immer noch auf der alten Stelle?

In Kürze, denk‘ ich, werden wir ja wohl alles „bequaseln“ können. – Was macht Erna!?!??!

Dein Werner.