„Und die hat es dann getroffen“ – Der Untergang der „Goya“

Am 15. April 1945 - Danzig und Gdingen, das seit 1939 Gotenhafen heißt, sind von der Roten Armee bereits besetzt - zeichnet sich in letzter Minute eine Lösung ab. Von Schiewenhorst bringen Kutter zehntausende von Flüchtlingen mit kleinen Kähnen zum Hafen der Halbinsel Hela, wo große Frachter vor Anker liegen.

An eine Episode dieser kurzen Kutterfahrt erinnert sich Charlotte Leibrandt zeitlebens und kann darüber – wie sie sagt – „noch immer heulen“: Obwohl die Stimmung unter den Flüchtlingen überaus bedrückt ist, singen zwei junge Mädchen lauthals „Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön!“. Daraufhin steht ein Mann auf und sagt zu den Mädchen: „Ich habe heute Morgen durch den Bombenangriff meine Frau verloren und habe sieben Kinder. So etwas singt man nicht hier auf dem Schiff.“ Daraufhin habe er dann das Lied „Eine feste Burg ist unser Gott“ angestimmt und die gesamte Kutterbesatzung habe eingestimmt.

 

Nach einer dramatischen Nacht auf einem der Kähne wird auch Familie Tomaschewski mit Seilen auf eines der Schiffe, die „Kronenfels“ gezogen. In drangvoller Enge müssen die Flüchtlinge bis zum Abend des 16. April ausharren, bis die Flucht im Schutz der Dunkelheit fortgesetzt werden kann. Gegen 19 Uhr läuft der unter anderem aus der „Kronenfels“ und der mit mehr als 7.000 Flüchtlingen überfüllten „Goya“ bestehende Schiffskonvoi Richtung Swinemünde aus.

Auf hoher See muss die „Kronenfels“ mit Maschinenschaden stoppen, so dass die „Goya“ an dem ohnehin sehr langsamen Dampfer vorbeizieht. „Und die hat es dann getroffen.“ Die „Goya“ wird Ziel von Torpedos eines sowjetischen U-Bootes und sinkt in kürzester Zeit. Als es dämmert, bietet sich ein grausiges Bild. „Als es Tag wurde, konnte man es sehen: die Leichen, Koffer“, erinnert sich Charlotte Leibrandt noch heute mit Grauen. „Wenn wir nicht stehen geblieben wären, hätte der Torpedo uns getroffen.“ Dieses Ereignis hat sich als schlimmste Erfahrung ihres Lebens in ihre Erinnerung eingebrannt.

Nachdem noch einige wenige Überlebende aus dem eiskalten Ostseewasser gerettet sind, setzt die „Kronenfels“ ihre Fahrt fort. Ziel ist nun aber Kopenhagen.