„Die haben sich rührend um uns gekümmert.“ - Intaktes Dorfleben

In Steinsdorf ist das Dorfleben noch intakt. Weil Elisabeth und Alfred im Vorschulalter nicht einfach allein gelassen werden können, wenn die Eltern auf dem Feld arbeiten, übernehmen drei ältere, miteinander verwandte Einwohner wie selbstverständlich die gemeinsame Kinderbetreuung: „Onkel Emil (ledig), Oma Linke (verwitwete Schwester von Emil) und Tante Kottusch (Nichte der beiden)“. Elisabeth Schütte erinnert sich gern zurück: „Die haben sich rührend um uns gekümmert und haben uns geliebt über alles, uns beide Kinder.“ Daher fühlen sich die Geschwister auch nie einsam oder als Schlüsselkinder.

Spielen tut Elisabeth mit zwei gegenüber wohnenden Freundinnen auf dem Hof und auf der Straße. Spannend ist für sie auch das gemeinsame Backen in den Backhäusern, von denen es praktisch auf jedem Hof eines gibt. Reihum werden darin alle 14 Tage große runde Sauerteigbrote gebacken. Danach folgt stets der schlesische Streuselkuchen, von dem anschließend Stücke „an alle möglichen Leute, Verwandte und Nachbarn“ verteilt werden. Wenn die dann ihrerseits backen, bedenken sie die anderen Dorfbewohner. Ähnlich habe man sich, so erzählt Elisabeth Schütte, auch beim Schlachten von Schweinen und Rindern verhalten.

 

Abwechslung ins kindliche Dorfleben bringen Besuche in der Kreisstadt Neiße, wo der Bruder von Elisabeths Vater wohnt und als Direktor der Landkrankenkasse fungiert. Er lädt seine Nichte und seinen Neffen häufiger ein, damit sie gemeinsam mit seinen Kindern Märchenaufführungen des dortigen Stadttheaters besuchen können – für die Kinder vom Dorf natürlich stets ein großes Ereignis.

 

Das Steinsdorfer Dorfleben funktioniert bis ins Frühjahr 1945 hinein – „bis die Russen kamen“. Zuvor ist der Ort vom Krieg weitestgehend unbeeinträchtigt geblieben. „Bei uns fielen keine Bomben. Bei uns war eigentlich noch relativer Friede, dass man also nichts vom Krieg bemerkte.“