Hans Luther
Hans Luther, geboren am 10.3.1879 in Berlin, stammte aus einer wohlhabenden protestantischen Kaufmannsfamilie und studierte Volkswirtschaft und Jura in Genf, Kiel und Berlin, wo er 1904 promovierte. Seine politische Karriere begann er 1907 als Justitiar und Stadtrat in Magdeburg und wurde als Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen und Preußischen Städtetages während des Ersten Weltkriegs zum wichtigsten Interessenvertreter der deutschen Groß- und Mittelstädte.
Als Luther 1918 zum Oberbürgermeister von Essen gewählt wurde, stand er in diesem Amt vor immensen Aufgaben, die aus dem verlorenen Krieg und der Einstellung der Rüstungsproduktion bei Krupp, dem Hauptarbeitgeber der Stadt, erwuchsen: Umstellung auf Friedenswirtschaft, Sicherung der Lebensmittelversorgung, Aufbau einer funktionierenden Verwaltung in Zeiten sozialer und politischer Unruhen, Fürsorge für Arbeitslose, Kleinrentner und Verarmte. Die belgische und französische Besatzung, Ruhrkampf, Hyperinflation, Bergarbeiterstreiks, Putschversuche kamen als erschwerende Bedingungen hinzu. Doch Luther gewann mit seiner Kommunalpolitik breiten Zuspruch und konnte sogar die gewaltsamen Konflikte zwischen Links- und Rechtsextremen beruhigen.
Dem Kulturleben gab er neue Impulse mit der Gründung eines Stadttheaters, einer Berufsschule für Frauen und der Volkshochschule, erreichte außerdem den Umzug des Folkwang-Museums von Hagen nach Essen. Zukunftsweisend war sein in Zusammenarbeit mit Robert Schmidt entwickeltes Konzept einer Gemeindegrenzen überschreitenden Raumplanung für das Ruhrgebiet, das zur Gründung des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk, dem Vorläufer des Regionalverbandes Ruhr führte.
Hans Luther war bis nach Berlin als einer der „großen rheinischen Oberbürgermeister" anerkannt und blieb es bis zu seiner Ausweisung durch die Interalliierte Rheinlandkommission im Jahr 1924. Parallel dazu wurde er 1922 zum Reichminister für Ernährung und Landwirtschaft, dann zum Reichsfinanzminister ernannt. Als solcher hatte er, nachdem die Reichsmark in der Hyperinflation ins Bodenlose gefallen war, großen Anteil an der Konsolidierung der deutschen Währung durch Einführung der Rentenmark. Ab Januar 1925 Reichskanzler, schuf er innenpolitisch wesentliche Voraussetzungen für die „Goldenen Zwanziger Jahre“ und verfolgte mit Gustav Stresemann als Reichsminister des Auswärtigen eine Außenpolitik der Entspannung und Versöhnung, die Deutschland zurück in die Völkergemeinschaft führen sollte. Doch er stürzte im Mai 1926 über den sogenannten Flaggenstreit und zog sich daraufhin aus der Politik zurück.
Neue Betätigungsfelder fand er bei Hypothekenbanken, der Deutschen Reichsbahn, 1930-1933 als Reichsbankpräsident, 1933-1937 als Deutscher Botschafter in den USA und dann erst wieder nach 1945 beim Wiederaufbau des Bankenwesens, der Neugliederung der Länder der Bundesrepublik und als Honorarprofessor in München. Am 11. Mai 1962 verstarb Hans Luther in Düsseldorf.