"Mischling"
Ganz im Geiste der nationalsozialistischen Rassenideologie wurden mit der „1. Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ vom 14. November 1935 im Deutschen Reich alle Menschen in drei Gruppen eingeteilt, in „Arier“, „Juden“ und „Mischlinge“.
Hier wurden wiederum Unterscheidungen nach der Anzahl der jüdischen Großeltern im Stammbaum vorgenommen, die entscheidend für die weiteren Lebenschancen der Betroffenen im NS-Staat waren. Mit zwei jüdischen Großeltern galt man als Mischling 1. Grades oder Halbjude, mit einem jüdischen Großelternteil als Mischling 2. Grades oder Vierteljude, - vorausgesetzt, man hatte keine jüdische Religionszugehörigkeit, sonst war man „Geltungsjude“, was gleichgesetzt wurde mit einem „Volljuden“ mit mindestens drei jüdischen Großeltern. Als solcher galt auch ein Mischling, der mit einer Jüdin verheiratet war (und umgekehrt).
Die diskriminierenden Einschränkungen waren entsprechend abgestuft. Vierteljuden waren vergleichsweise privilegiert, denn sie wurden als Reichsbürger betrachtet, waren als solche auch würdig, in der Wehrmacht zu dienen, und konnten Arier heiraten. Mischlinge 1. Grades dagegen benötigten dafür eine Sondergenehmigung, die äußerst selten erging, und wurden bei sexuellen Kontakten mit „Deutschblütigen“ wegen „Rassenschande“ schwer bestraft. Sie standen in den folgenden Jahren unter immer stärkerem Verfolgungsdruck, entgingen aber in der Regel (???) Deportationen und Vernichtungsaktionen.
Doch die Berufsausübung wurde je nach Gegebenheiten und Bedarf behindert, wenn nicht ausgeschlossen, u.a. für Ärzte, Rechtsanwälte und Mitglieder der Reichskulturkammer, ihnen damit meist die Existenzgrundlage entzogen. Bei Behörden wurden spätestens 1937 alle Mischlinge aus dem Beamtenverhältnis entlassen, zwei Jahre später auch bei der evangelischen Kirche Geistliche und Kirchenbeamte mit jüdischen Großeltern.
Jugendlichen „Mischlingen“ wurden immer mehr Bildungswege verschlossen. War ihnen im Gegensatz zu Volljuden durch das „Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen“ von 1933 zumindest theoretisch und mit Einschränkungen noch ein Studium möglich, so wurde das 1939 Mischlingen 1. Grades verboten. Ab Juli 1942 durften diese keine höheren Schulen mehr besuchen, ab Oktober 1943 auch keine Berufsschulen mehr. An der Kinderlandverschickung durften sie bis 1943 nicht teilnehmen. Doch in die allgemeine HJ wurden Mischlinge beider Grade aufgenommen, ab 1939 waren sie sogar dienstpflichtig.