Arbeitserziehungsanstalt Brauweiler
Alte preußische "Arbeitserziehungsanstalt", die in der NS-Zeit zunächst als Hilfsgefängnis, dann als Folterstätte und schließlich als Haftanstalt für prominente politische "Schutzhäftlinge" von der Gestapo genutzt wurde.
Die ehemalige Abtei Brauweiler diente seit dem 19. Jahrhundert als sog. Arbeitsanstalt des Rheinischen Provinzialverbandes. Hier wurden über 1500 ehemalige Strafgefangene, Alkoholiker, "schwer erziehbare" Jugendliche und "weibliche Geschlechtskranke", die von den Fürsorgebehörden als "asozial" abgestempelt worden waren, untergebracht. Sie mussten zwangsweise in den angeschlossenen Betrieben der Anstalt arbeiten.
In der NS-Zeit fungierte Brauweiler als Arbeitslager und Gestapogefängnis. Die Jugendabteilungen Brauweilers (Jugendhaus Freimersdorf und seit März 1942 Dansweiler Hof) waren zunächst für ca. 150 Jugendliche, dann für 250 ausgerichtet. Die große Mehrheit der Jugendlichen kam nach Brauweiler, weil sie von den NS-Jugendämtern, -gerichten und Fürsorgestellen als kriminell und "verwahrlost" eingeschätzt wurden und sich in anderen Institutionen nicht "bewährt" hatten. Brauweiler war also ein besonders scharfes Disziplinierungsinstrument für Jugendliche, die in die Mühlen der NS-Fürsorge geraten waren. Sie mussten unter extrem harten Haft- und Arbeitsbedingungen in der Regel 4-6 Wochen bis zu drei Monaten im "Arbeitserziehungslager" Brauweiler verbleiben. Seit 1943 wurden im leerstehenden Arrestgebäude auch bis zu 20 "schwererziehbare" schulentlassene Mädchen eingeliefert.
Daneben war Brauweiler zugleich ein Inhaftierungsort für politische Häftlinge im allgemeinen und oppositionelle Jugendliche im besonderen, die von der Gestapo verhaftet worden waren. So heißt es in einem Bericht der Anstalt an die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes aus dem Jahr 1947: "Seit der Machtübernahme wurde die Anstalt Brauweiler zeitweise auch von der Gestapo in Anspruch genommen. Wenn bei der Durchführung grösserer Aktionen die Gefängnisse des Rheinlandes, besonders der Bezirke Düsseldorf, Köln und Aachen überfüllt waren, wurden Räume der Anstalt beschlagnahmt und mit Gestapogefangenen in wechselnder Anzahl belegt." Die Verfügung über diese Inhaftierten hatte die Gestapo; die Anstalt übernahm ihre Verpflegung und teilweise auch Bewachung. In dem Bericht, der die Kooperation der Anstalt mit der Gestapo möglichst herunterspielen will, heißt es weiter: "Als im Frühjahr 1944 verschiedene Sonderkommandos der Gestapo sich in diesen Räumen der Anstalt festsetzten, um in Dauervernehmungen die Ueberprüfung ihrer Häftlinge durchsetzen zu können, wurde der bis dahin schon geringe Einfluss der Anstaltsbehörden gänzlich ausgeschaltet."
Die intensive Nutzung der Fürsorgezöglingsabteilung "Jugendhaus Freimersdorf" durch die Gestapo zeigte sich bereits am 23. April 1940, als über 100 verhaftete Jugendliche in das Jugendhaus als "Schutzhäftlinge" eingeliefert wurden. In den folgenden Jahren vernahm die Gestapo immer wieder unangepasste Jugendliche, die bei Razzien durch Polizei und Gestapo verhaftet worden waren, in den Zellen des Jugenddorfes, um sie danach teils zu entlassen, teils in "Schutzlager" abzutransportieren. Zwischen August 1943 und Februar 1944 wurden in Brauweiler allein 216 Jugendliche aus Köln inhaftiert und verhört. (Zahl überprüfen).
1944/45 schließlich wurde aus dem Zellenbau in Brauweiler unter dem Sonderkommando Kütter eine Folterkammer für politische Häftlinge. Mehrere Verfolgte fanden hier nach grausamem Verhör den Tod oder wurden ins KZ Buchenwald deportiert. Zu den hier Verhörten zählen auch Jugendliche aus dem Umkreis der Ehrenfelder Steinbrück-Gruppe, die im Herbst 1944 an der ehemaligen Hüttenstraße in Ehrenfeld hingerichtet wurden. In dem Bericht der Anstaltsleitung von 1947 heißt es hierzu: "In der Anstalt selbst sind keine Hinrichtungen vorgekommen. Die Gestapo hat wohl im benachbarten Köln etwa 25 Personen öffentlich gehängt. Diese hat sie, wie nachträglich gemeldet worden ist, in aller Stille dorthin überführt. Ausserdem hat sie des Nachts in der der Anstalt nahegelegenen Sand- und Kiesgrube mehrere Häftlinge erschossen und anschliessend durch die Friedhofswärter Busch auf dem Gemeindefriedhof beerdigen lassen. [...] Als die Front Aachen erreicht hatte, verliess das gesamte Sonderkommando mit allen Gestapogefangenen die Anstalt und begab sich, wie nachträglich bekannt wurde, nach Siegburg."
Der kommissarische Leiter Brauweilers gibt bereits 1945 einen etwas detaillierteren Bericht über die Aktivitäten der Gestapo in Brauweiler: "Im Grunde genommen war die Gestapo schon seit der Machtübernahme hier. [...] Bei jeder besonderen Aktion, die das Hitler-Regiment durchführte, wurde der Zellenbau hier entweder vom Generalstaatsanwalt Köln oder vom Polizeipräsidium Köln beschlagnahmt; so 1933 für die Kommunisten, später für die Juden, nachher für die Spanienkämpfer, Polen, Holländer und Belgier, die alle nur vorübergehend hier in Gewahrsam waren und entweder nach kurzer Zeit entlassen oder sonstwie abtransportiert wurden."
Nachdem die Gestapo sich im sog. Zellenbau Brauweilers im April 1944 niedergelassen hatte, waren doch schätzungsweise bis Januar 1945 über 800 politische Gefangene inhaftiert.passieren mussten: "Für viele dieser unglücklichen Menschen wird diese Zeit die schrecklichste ihres Lebens bleiben. Alles andere, was sich seit 1933 in dieser Abteilung abgespielt hat, dürfte nicht die geringste Bedeutung haben gegenüber dem, was hier in der eigentlichen Gestapozeit vorgekommen ist."