Visum

Ein Visum ist ein amtlicher Vermerk, der für das Überschreiten einer Grenze des ausstellenden Staates erforderlich ist. In den meisten Fällen wird das Visum als Einreisevisum ausgestellt, manche Staaten verlangen auch ein Ausreisevisum oder ein Visum für Reisen innerhalb des Landes.

Vor dem Ersten Weltkrieg benötigten die Bürger für Reisen innerhalb Europas keinen Reisepass und kein Visum. Erst während des Ersten Weltkrieges wurde in allen kriegführenden Ländern ein allgemeiner Pass- und Visumzwang eingeführt, um potentielle Spione an der Einreise zu hindern und die Erfüllung der Wehrpflicht zu sichern.

Im Deutschen Reich ordnete Kaiser Wilhelm II. gleichzeitig mit der Verkündung des Kriegszustandes auch die Einführung einer Passpflicht an. Mit Wirkung vom 1. August 1916 wurde zusätzlich für Ein- und Ausreisen von In- und Ausländern ein Sichtvermerkszwang eingeführt. Weitere Anordnung des Reichskanzlers enthielten für Deutschland erstmals detaillierte Regelungen zu den Voraussetzungen der Visumerteilung und zur Zuständigkeit und Form der Visa. Jede Person benötigte einen eigenen Pass oder Kinderausweis, das Visum war vor jedem Grenzübertritt erneut einzuholen.

Dieser Pass- und Visumzwang blieb in Deutschland auch nach Kriegsende bestehen. Bis zum 1. Januar 1925 wurde jedoch die Visumpflicht für Reichsangehörige und Ausländer mit deutscher Aufenthaltsgenehmigung oder mit Wiedereinreisevisum abgeschafft. Im Jahr 1932 wurden alle Ausreisevisa für sämtliche Personengruppen, die Deutschland verlassen wollten, vollständig abgeschafft.

Erst im Jahr 1937 wurde im nationalsozialistischen Deutschland ein Gesetz erlassen, das den Reichsinnenminister ermächtigte, das gesamte frühere Pass-, Visum- und Ausländerrecht aufzuheben und durch Verordnung neu zu regeln. Als nach der deutschen Besetzung Österreichs im März 1938 mehrere Tausend österreichische Juden und Gegner des NS-Regimes das Land verließen und Zuflucht in anderen Staaten suchten führte Großbritannien im Mai 1938 wieder den Visumzwang für reichsdeutsche Staatsbürger ein, um ihnen die Einwanderung zu erschweren.

Für die jüdische Bevölkerung des Deutschen Reiches führten die Nationalsozialisten eine Zusatzregelung im Passwesen ein. Dass es sich bei einem Passinhaber um einen Juden im Sinne des nationalsozialistischen Reichsbürgergesetzes handelte, wurde ausländischen Visastellen dadurch erkennbar gemacht, dass deutsche Reisepässe von Juden im Oktober 1938 für ungültig erklärt und erst wieder gültig wurden, nachdem sie mit einem roten „J" gekennzeichnet worden waren. Zur Anbringung dieses Sichtvermerks wurde von den Nationalsozialisten eine strafbewehrte Vorlagepflicht eingeführt.

Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde in allen betroffenen Ländern ein allgemeiner Visumzwang für Ausländer eingeführt. Im Deutschen Reich wurden zudem auch Deutsche, die sich nicht bereits zu Kriegsbeginn im Ausland aufhielten, für die Ein- und Ausreise visumpflichtig.

Der Visumzwang wurde auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beibehalten und erst Ende der 1940er-Jahre langsam abgebaut.