Heimtücke
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird es als Heimtücke bezeichnet, wenn ein Täter bewusst das Vertrauen oder die Wehr- und Arglosigkeit seines Opfers ausnutzt. Im Strafrecht ist das ein wichtiges Kriterium für die Urteilsfindung, z.B. bei der Unterscheidung zwischen Totschlag oder Mord. Auch das Völkerrecht kennt die Heimtücke und verbietet in bewaffneten Konflikten u.a. das Vortäuschen von Verhandlungsbereitschaft, von Neutralität oder Kampfunfähigkeit, um den Gegner gefangen zu nehmen oder zu töten.
Die Nationalsozialisten hatten eine ganz eigene Auslegung dieses Begriffs, um das Grundrecht auf Rede- und Meinungsfreiheit zu beseitigen. Wenige Wochen nach ihrer Machtergreifung erging am21.3.1933, also dem „Tag von Potsdam“, die „Verordnung des Reichspräsidenten zur Abwehr heimtückischer Angriffe gegen die Regierung der nationalen Erhebung“. Sie verbot u.a. das unbefugte Tragen von Uniformen und Abzeichen von Verbänden, ohne ihnen anzugehören, sowie die Verbreitung von unwahren oder „gröblich entstellten“ Behauptungen, die das Wohl des Reichs, das Ansehen der Reichsregierung oder der Partei beschädigen könnten. Diese Bestimmungen wurden noch ausgeweitet durch das „Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutz der Parteiuniformen“ vom 20.12.1934, das eigentliche Heimtückegesetz, das auch nichtöffentliche und/oder wertende Bemerkungen über Mitglieder der NS-Führung einschloss.
Damit wurde jede kritische Meinungsäußerung mit mehrjährigen, wenn nicht zeitlich unbestimmten Gefängnis- oder Zuchtshausstrafen bedroht, ja selbst ein unbedachter politischer Witz unter Freunden oder Verwandten konnte vor ein Sondergericht führen. Allein im Jahr 1937 beispielsweise kam es deshalb zu 17.168 Anzeigen, aus denen über 7000 Anklagen und etwa 3500 Verurteilungen folgten. So lastete auf allem öffentlichen und privaten Leben die Angst vor Denunziation und vor der Allgegenwart von Spitzeln.