Reichsärzteführer

Der Titel „Reichsärzteführer“ wurde erstmals 1934 dem Mediziner Gerhard Wagner (1888 bis 1939) verliehen, der da schon seit zwei Jahren an der Spitze des 1929 gegründeten Nationalsozialistischen Deutschen Ärztebundes (NSDÄB) stand.

Der NSDÄB war parallel zur NSDAP gegliedert und verstand sich weniger als Standes-, mehr als Kampforganisation. Als solche arbeitete er an der (pseudo-)wissenschaftlichen Begründung der NS-Gesundheits- und Rassenpolitik und deren Propagierung in der Ärzteschaft, aber auch bei Zahn- und Tierärzten sowie Apothekern. Schon vor der Machtübernahme wurden Hunderte von Ärzten in rassenhygienischen Schulungskursen indoktriniert.

Die Gleichschaltung aller Ärztevereinigungen erzwang Reichsärzteführer Wagner 1935, der damals zugleich als Leiter des neu gegründeten „Hauptamtes für Volksgesundheit“ der NSDAP, Beauftragter für Hochschulfragen, Mitglied der Hochschulkommission der NSDAP, Beauftragter des Führers für Volksgesundheit, Reichstagsabgeordneter und zudem bald als Leiter der Reichsärztekammer fungierte. Er wirkte maßgeblich an den Nürnberger Gesetzen und an den Programmen zur sogenannten ‚Euthanasie‘ und Zwangssterilisation mit.

Nach Wagners Tod wurde Leonardo Conti Nachfolger als Reichsärzteführer. Als der NSDÄB am 13.10.1942 seine Aktivitäten kriegsbedingt einstellte, zählte dieser an die 46.000 Mitglieder. Nach Kriegsende wurde er verboten und Conti beging Selbstmord, bevor er in den Nürnberger Prozessen zur Rechenschaft gezogen werden konnte.