Hermann-Josef Schulte-Pelkum
Hermann-Josef Schulte-Pelkum (1874-1945) war von 1910 bis 1945 Direktor des Franz-Sales-Hauses in Essen. Unter seiner Leitung entwickelte es sich zur größten katholischen Pflege- und Erziehungseinrichtung für geistig behinderte Kinder und Jugendliche in der Rheinprovinz und zur zweitgrößten Deutschlands.
Hermann-Josef Schulte-Pelkum, geboren am 1.7.1874 in Essen, besuchte das Priesterseminar in Köln und wurde nach seiner Priesterweihe 1898 zunächst Vikar in Berrendorf bei Kerpen. Im Jahr darauf ging er nach Aachen und war als Kaplan an St. Jakob, ab 1902 als Religionslehrer an der Provinzial-Taubstummenanstalt tätig.
Als in Essen der Direktor des Franz-Sales-Hauses verstarb, wurde Kaplan Schulte-Pelkum 1910 zum Nachfolger berufen. In seiner 35jährigen Amtszeit stellten sich innerhalb der Einrichtung verschiedenste schwierige Aufgaben: zunächst wurde neben Schule und religiöser Erziehung stärkeres Gewicht auf die medizinische und psychiatrische Versorgung der Heiminsassen gelegt. Schwere Auswirkungen hatte der Erste Weltkrieg 1914 bis 1918, als immer mehr junge Menschen ohne familiären Rückhalt ins Franz Sales Haus aufgenommen werden mussten, die Lebensmittel gleichzeitig so stark rationiert wurden, dass sich die Zahl der Sterbefälle verfünffachte.
Zugleich erfuhr die Einrichtung erhebliche bauliche Erweiterungen; so entstanden bis 1915/1916 ein Ökonomiehaus mit Gutshof und Gewächshaus, ein Werkstattgebäude mit Schreinerei, Schlosserei und Polsterei sowie ein Wirtschaftsgebäude mit Küche, Kühl- und Vorratskeller und Wäscherei. Dem Kriegsende folgten trotz Inflation und Finanznöten weitere Bauten wie ein Krankenhaus und das Johannes-Horion-Haus, in dem u.a. ein Festsaal und eine karitative Fachschule für Fürsorgeerzieherinnen eingerichtet wurden. Für die Arbeit mit und für die Behinderten wurde ein liberaleres, individuelleres Konzept der offenen Fürsorge entwickelt.
Schulte-Pelkum war daneben seelsorgerisch eingebunden, von 1925 bis 1929 als Pfarrer der Gemeinde St. Bonifatius in Huttrop, und ab 1925 Dechant von Essen-Altstadt, ab 1934 Stadtdechant von Essen.
In der NS-Zeit ab 1933 waren seine Schutzbefohlenen etwas weniger von „rassehygienischen“ Maßnahmen als Betroffene andernorts bedroht, weil sie in einer Bildungsanstalt untergebracht waren und dort unbehelligt bleiben konnten, sofern sie bildungs- und arbeitsfähig waren: ihr Schicksal hing also vom Gutachten des leitenden Hausarztes ab. Dennoch kam es allein bis 1936 zu 70 Zwangssterilisationen bei insgesamt 967 Bewohnern. Der Beginn des Zweiten Weltkriegs und der Luftangriffe auf Essen zwangen häufiger zu Verlegungen aus der Großstadt in andere Anstalten, um im Franz-Sales-Haus Ersatz für zerstörte Krankenhäuser und Platz für deren Patienten oder für Fliegergeschädigte u.a. zu schaffen.
Doch für viele der Verlegten führte dieser Weg in einen grausamen Tod in Kinderfachabteilungen oder anderen „Euthanasie“-Anstalten. Verantwortliche für die Pfleglinge wie Schulte-Pelkum, kannten damals nicht das ganze Ausmaß dieser Verbrechen, doch als die SS 1940 die ersten 30 Kinder abholen wollte, soll er sich geweigert haben, dies ohne Benachrichtigung und Einwilligung der Eltern zuzulassen. Daraufhin sollte er für seine Aufsichtsbehörde Fragebögen zur Erfassung der 1290 Bewohner ausfüllen, wobei er in Zusammenwirken mit den Anstaltsärzten möglichst günstige Diagnosen eintrug. Das konnte aber nicht verhindern, dass 19mal die gefürchteten grauen Busse Kinder abholten. Schulte-Pelkum blieb aber in seiner Stellung, „um Schlimmeres zu verhüten“. Er starb, kurz nachdem er einen schweren Bombenangriff in einer Telefonzelle überlebt hatte, am 4. April 1945.