Herman Nohl
In Berlin am 7. Oktober 1879 geboren, studierte der Sohn eines Gymnasiallehrers an der dortigen Universität Geisteswissenschaften und promovierte 1904 bei Wilhelm Dilthey mit einer Dissertation zum Thema „Sokrates und die Ethik“. 1907 zog er mit seiner jungen Frau Berta nach Jena, wo er verschiedene wissenschaftliche Arbeiten und seine Habilitationsschrift über „Die Weltanschauungen der Maler“ verfasste. Dort kam er auch zum ersten Mal über seine Studenten mit der Jugendbewegung in Berührung, die ihn in der Entwicklung seiner pädagogischen Konzepte stark beeinflussen sollte.
Während des Ersten Weltkrieges war Herman Nohl als Besatzungssoldat in Gent eingesetzt, wandte sich nach seiner Rückkehr nach Jena der Volkspädagogik zu und war einer der Mitbegründer der ersten Volkshochschule in Thüringen. Ab 1920 hatte er in Göttingen einen Lehrstuhl für „praktische Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Pädagogik“ inne und spielte eine maßgebliche Rolle in der pädagogischen Reformbewegung.
Allerdings fanden sich in seinen Schriften und Vorträgen auch völkische und rassistische Ideen, die denen der Nationalsozialisten entgegenkamen, so seine Vorstellungen von einer „Nationalpädagogik“ und von einer Ostbesiedlung als historischer, schicksalhafter Aufgabe für die Deutschen, um neuen „Lebensraum“ zu gewinnen und „minderwertige“ jüdische oder slawische Volkselemente abzuwehren.
Dennoch wurde Nohl im April 1937 als Professor entlassen und im März 1943 für ein dreiviertel Jahr als Fabrikarbeiter verpflichtet. Nach dem Krieg ließ die britische Besatzungsmacht ihn mitwirken an der Wiedereröffnung der Schulen und der Göttinger Universität, wo er seine Professur zurückerhielt und als Dekan an der Entnazifizierung beteiligt war. Als Gründer des Instituts für Erziehung und Unterricht und als Herausgeber der Zeitschrift „Die Sammlung. Zeitschrift für Kultur und Erziehung“ (für die Jahrgänge 1945–1960, danach „Neue Sammlung“) war er auch innerhalb der Pädagogik der Nachkriegszeit einflussreich. Herman Nohl verstarb am 27. September 1960 in Göttingen.