Jugendschutzverordnung

Am 9. März 1940 erging eine Polizeiverordnung, die vorgeblich dem Schutze der Jugend, tatsächlich aber ihrer umfassenderen Kontrolle dienen sollte und ihre Bewegungsfreiheit erheblich einschränkte. Es war seitdem Jugendlichen unter 18 Jahren verboten, sich nach Einbruch der Dunkelheit auf öffentlichen Straßen oder Plätzen „herumzutreiben“, sich nach 21 Uhr noch ohne Begleitung von Erziehungsberechtigten oder von ihnen beauftragten Erwachsenen Gaststätten, Kinos, Kabarett-Theatern o.ä. aufzuhalten, in der Öffentlichkeit zu rauchen oder in Gaststätten Branntwein zu trinken. Auch an Tanzveranstaltungen durften sie nur in Begleitung von Aufsichtspersonen und höchstens bis 23 Uhr teilnehmen. Unter Sechzehnjährigen ohne eine solche Begleitung war u.a. der Besuch von und der Alkoholgenuss in Gaststätten grundsätzlich untersagt.

Eine zentrale Rolle bei der Durchsetzung dieser Vorschriften spielte der HJ-Streifendienst, der mit seinen ständigen Patrouillen auf den Straßen und Plätzen jugendliche Passanten oder ihre Treffpunkte, aber auch junge Gäste in Lokalen kontrollierte und als verlängerter Arm der Polizei oder Gestapo fungierte.

Nach einem Bericht des Landesjugendamtes wurden in der Rheinprovinz allein von Mai bis Oktober 1940 etwa 15.800 Jugendliche wegen Übertretung der Jugendschutzverordnung angehalten, und zwar in den allermeisten Fällen wegen unbefugten Aufenthalts auf Straßen und Plätzen am Abend. Doch fast die Hälfte kam mit einer polizeilichen Verwarnung davon, etwa je ein Viertel musste eine Verwarnungsgebühr oder Geldstrafe zahlen, nur wenige wurden noch härter bestraft.