Karl Binding

Wie schon sein Vater wurde Karl Binding (1841-1920) nach dem Jurastudium in Göttingen, Promotion und Habilitation 1865 als Professor an die Universität Basel berufen, insbesondere für Strafrecht, Strafprozessrecht und Staatsrecht. Später lehrte er in Freiburg, dann Straßburg und Leipzig, wo er nach sechzehn Jahren der Wirkens als Universitätsrektor 1909 zum Ehrenbürger der Stadt ernannt wurde. Diese Auszeichnung wurde ihm aber 2010 wieder aberkannt wegen einer Schrift, die kurz nach seinem Tod erschienen war und in den Jahren 1933-45 folgenschwere Wirkungen entfalten sollte. In seinem zusammen mit dem Psychiater Alfred Hoche verfassten Werk „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens. Ihr Maß und ihre Form“ argumentierte er, ausgehend von seiner juristischen Normentheorie, für die Tötung von schwer Kranken und Behinderten und führte dabei erstmals die Kategorien ‚lebenswert‘ versus ‚lebensunwert‘ in verschiedenen Abstufungen ein. Damit machte er sich zum geistigen Wegbereiter einer mörderischen, rasseideologisch fanatisierten Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten gegen die Schwächsten durch Vergasen, Vergiften oder verhungern Lassen, die von ihnen verschleiernd als ‚Euthanasie‘ (schöner Tod) bezeichnet wurde.