Kirchenkampf

Im weiteren Sinne bezeichnet der Begriff für die Zeit von 1933 bis 1945 die – anfangs verdeckten – Auseinandersetzungen zwischen Nationalsozialismus und christlichen Kirchen. Deren Moral und Lehre von der Nächstenliebe lief seiner Rassenideologie zuwider und ihre dominierende Rolle in der deutschen Gesellschaft, vor allem in Erziehung und Pressewesen, sollte ihr entrissen werden..

So groß und omnipräsent die beiden Konfessionen waren, so stark waren sie differenziert in Amtskirche, theologische Fakultäten, Kirchenvolk, Jugendgruppen u.a. Laienorganisationen, Seelsorger vor Ort, Sozialeinrichtungen usw.; - so unterschiedlich war aber auch deren Verhalten gegenüber dem NS-Staat, von Anpassung und Kollaboration über kritische Distanz und Widersetzlichkeit bis zum offenen Widerstand in Einzelfällen.

Als die katholische Zentrumspartei mit der Aussicht auf ein Konkordat zwischen Vatikan und NS-Regierung im März 1933 dem Ermächtigungsgesetz zustimmte, öffnete sie damit der totalitären Diktatur Tür und Tor und besiegelte ihr eigenes Ende. Das Reichskonkordat wurde zwar am 20.7.1933 geschlossen und sicherte u.a. die Freiheit der Religionsausübung und den Erhalt von Bekenntnisschulen und katholischen Verbänden zu, doch diese Garantien wurden sehr bald verletzt, die kirchliche Arbeit immer stärker beschnitten. So wurden z.B. Predigten überwacht, Zuschüsse zu Bekenntnisschulen gesperrt, das Kreuz aus Klassenräumen entfernt, katholische Lehrer schikaniert, die Presse zensiert, die Jugendverbände 1938/39 doch verboten, die caritative Arbeit massiv behindert. Angesichts dessen versuchte die katholische Amtskirche, diese Angriffe durch vorsichtiges Taktieren abzuwehren, und ordnete dabei all ihre Anstrengungen dem obersten Ziel unter, ihre Selbstbestimmung und ihren Fortbestand als Institution zu verteidigen.

In einem engeren Sinne wurde der Begriff „Kirchenkampf“ ursprünglich auf die Spaltung innerhalb der schon seit langem zersplitterten 28 evangelischen Landeskirchen in die Regime-freundliche „Glaubensbewegung Deutsche Christen“ (DC) und die Gegenbewegung der „Bekennenden Kirche“ bezogen. Die 1932 gegründete DC war nationalsozialistisch und antisemitisch orientiert und strebte eine nach dem Führerprinzip aufgebaute einheitliche Reichskirche an, die bereits am 14. Juli 1933 errichtet wurde. Sie gewann neun Tage später mit massiver propagandistischer Unterstützung Hitlers in den meisten Landeskirchen – außer in Bayern, Württemberg und Hannover -die Synodalwahlen und bestellte einen Reichsbischof.

Doch schnell formierte sich Widerstand. Gegen das gleichgeschaltete Reichskirchenregiment und gegen den Arier-Paragraphen, der evangelische Pfarrer jüdischer Herkunft ausschloss, aber für eine Rückbesinnung auf die Bibel und die Bekenntnisschriften der Reformation wurde im September 1934 der „Pfarrernotbund“ gegründet, dessen Mitglieder vielerorts Bekenntnisgemeinschaften gründeten. Vom 29. bis 31.3.1934 kamen deren Delegierte in Barmen zur Ersten Bekenntnissynode der „Bekennenden Kirche“ (BK) zusammen und formulierten unter maßgeblichem Einfluss des Bonner Theologen Karl Barth die Barmer Erklärung gegen „die falsche Lehre“ und den Totalitätsanspruch des NS-Regimes. Auf einer zweiten Synode im Oktober 1934 wurde in Dahlem eine „Vorläufige Kirchenleitung“ als eine Art Gegenregierung zur Reichskirche installiert.

Die Repressionen des NS-Staates gegen die Minderheit jener Christen, die sich nicht gleichschalten ließen, reichten von der Überwachung durch die Gestapo, braune Umwidmung kirchlicher Feiertage (z.B. Weihnachten in Julfest) über Eingliederung der Jugendverbände in die HJ bis zu Verhaftungen, Priesterprozessen, Ermordung in Konzentrationslagern. Doch gab es zwischen DC und BK nicht einfach zwei klare Fronten, da es beiderseits immer wieder zu Abspaltungen kam. Gewonnen hatte das NS-Regime den Kirchenkampf letztlich nicht, denn nur sehr wenige Kirchenmitglieder ließen sich zum Austritt bewegen und für das nationalsozialistische Neuheidentum gewinnen.