KLV 1942-1943: „Drei Monate in Einzelhaft“

Als ihm die Einberufung zum Reichsarbeitsdienst droht, nimmt Hans Lumer das Angebot seiner Schule an und wird von November 1942 bis Januar 1943 Lagermannschaftsführer in der Kinderlandverschickung. In der Nähe von Frankfurt (Oder) absolviert er einen Lehrgang, den er heute eher als vormilitärische Ausbildung bezeichnen würde. „Geistig war das weniger interessant." Auch über Politik habe man im kurzen Lehrgang eher wenig gesprochen. „Wir sollten mit den Kindern Heimabende und Kriegsspiele machen", bringt Hans Lumer den Lehrgangsinhalt heute auf einen knappen Punkt.

 

Anfang November wird er dann in den Bayrischen Wald nach Zwiesel an der tschechischen Grenze beordert, wo 40 Jungen des 7. und 8. Schuljahrs der Sprachheilschule Essen-Mitte in einem Erholungsheim untergekommen sind.

 

Morgens werden die Kinder vom Schul- und Lagerleiter unterrichtet, ab dem Mittagessen ist Hans dann für die Betreuung der KLV-Teilnehmer zuständig und verantwortlich. Tagsüber habe er den Kindern meist viele Geschichten erzählt, mit ihnen gesungen oder Sport getrieben. Da es sich um ein sehr schneereiches Gebiet handelt, können sie auch Ski und Schlitten fahren. Trotz fehlender pädagogischer Ausbildung und Erfahrung kommt Hans gut mit den Kindern zurecht. Einmal vertritt er sogar für zwei Wochen den Schulleiter und übernimmt mit seinen gerade mal 18 Jahren die Verantwortung für das gesamte Lager. „Ich habe sogar Unterricht mit denen gemacht."

 

„Drei Monate in Einzelhaft", so kommt Hans dagegen die Zeit in der KLV mit Blick auf das Privatleben vor. „Ich war immer alleine." Mit dem Schulleiter hat er so gut wie keinen Kontakt, nur rein dienstlich reden sie miteinander. Dadurch ist er vor allem abends immer alleine. „Das war die schlimmste Zeit."

Kein einziges Mal ist es ihm während der KLV-Zeit möglich, einen Gottesdienst zu besuchen. „Das ist das, was mich da am meisten bedrückt hat." Die nächste Kirche ist zu weit vom Lager entfernt, als dass Hans sie erreichen könnte. „Ich habe selten Weihnachten so traurig erlebt wie da." Auch wenn im Lager eine Weihnachtsfeier stattfindet, vermisst Hans seine Familie gerade in diesen Tagen besonders stark. Ende Januar 1943 kehrt er wieder nach Essen zurück.