Erntehilfe und KLV 1941-1943 - „Das war mein erster Auslandsbesuch. Das fand ich aufregend!“

Essen verlässt Hans-Hermann Hüttenhein allein zum ersten Mal 1941 als Erntehelfer. Für die Sommerferien hat sein Vater für ihn und einen Freund Stellen bei einem Bauern in der Nähe von Olpe gefunden, wo sie bei allen Arbeiten, die auf dem Hof anfallen, mit anpacken müssen und das auch mit Freude tun. „Das war ganz interessant. Da haben wir mal gesehen, wie eine Kuh aussieht."

Von da an ist Hans-Hermann nur noch selten zuhause, fast wie ein Gast. Unmittelbar nach der Erntehilfe meldet er sich 1942 freiwillig, als mit einem Aufruf noch HJ-Führer für die Kinderlandverschickung im besetzten „Protektorat Böhmen und Mähren" gesucht werden. Sie sollen den Lagermannschaftsführer bei der Gestaltung des außerschulischen Programms im Lager unterstützen. „Das war mein erster Auslandsbesuch. Das fand ich aufregend.",

 

Ein Lehrgang in der Nähe von Prag bereitet Hans-Hermann und seine Kameraden auf den Einsatz vor; dabei lernen die Jungen beispielsweise den „angemessenen Umgang" mit der Bevölkerung vor Ort. Danach geht es für ihn von Juli bis Dezember in ein Lager bei Mährisch-Weißkirchen in der Tschechoslowakei, das ihm gut gefällt; er findet sowohl das Lager als auch die Gegend interessant. Vor allem die Schönheit der umliegenden Natur und die vielen neuen Eindrücke - unter anderem bei mehrfachen Besuchen in Prag - machen ihm die Trennung von zu Hause leichter. „Es war ein Abenteuer." Die meisten betreuten Kinder kommen aus dem Essener Norden und sind nur zwei Jahre jünger als Hans-Hermann. Während zwischen den Jungen eine gute Kameradschaft herrscht, hat er zum Lagerleiter selbst ein eher gespanntes Verhältnis.

 

Als „Zugführer" ist Hans-Hermann meist auch abends noch dienstlich eingebunden und erläutert den Jungen unter anderem den Frontverlauf anhand einer Landkarte. „Stalingrad, das haben wir damals schon als Wendepunkt des Krieges empfunden" - wobei solche Dinge sicherlich nur gedacht, aber keinesfalls offen ausgesprochen werden dürfen. Ansonsten ist das Lager relativ abgeschottet von der Umgebung, wodurch aber auch keine Konflikte mit den Bewohnern der Stadt entstehen können.

 

Zurück in Essen feiert Hans-Hermann zusammen mit seiner Familie Weihnachten und findet kurz darauf einen Einberufungsbefehl zu einem Wehrertüchtigungslager im Briefkasten. Bereits am 10. Januar 1943, also ausgerechnet an seinem 16. Geburtstag, muss er dort erscheinen und fährt mit dem Zug nach Königswinter. „Unsere Ausbilder waren SS-Soldaten und der Dienst bei dem herrschenden Schnee- und Matsch-Wetter sehr hart einschließlich nächtlicher Gewaltmärsche und Geländeübungen." Trotzdem erwirbt er hier sein Schießabzeichen und überzeugt ansonsten vor allem durch sein Wissen, womit er seine schwachen sportlichen Leistungen kompensieren kann.