KLV I (1941): „Das war eine schöne Zeit - wir hatten nie Langeweile“

Als 1941 die ersten Bomben auf der Essener Ruhrallee einschlagen, zieht Erich anschließend los, um sich die Stelle anzuschauen. Als die Angriffe dann zunehmen, muss er jedoch immer öfter mit seiner Familie im Luftschutzkeller des Hauses Zuflucht suchen. Auch der Schulunterricht fällt immer häufiger aus und Erich verbringt mehr Zeit zu Hause.

 

Die mit den Angriffen verbundene Gefahr ist für Erichs Eltern auch der Grund, ihren Sohn bei der Kinderlandverschickung anzumelden. „Sie haben sich darauf gefreut, weil sie wussten, dass mir dann nichts mehr passieren kann." Und auch Erich selbst freut sich auf die Verschickung, die seine Schule organisiert, denn die Angst vor den Bomben belastet ihn zusehends. „Außerdem wollte ich doch endlich einmal wissen, wie es hinter dem Berg aussieht."

Vor allem mit seinem naturinteressierten Vater liest Erich im Vorfeld viel über das Verschickungsziel. Auf der Schlüsselburg in Böhmen werden die Schüler, die aus der Unterstufe der Humboldtschule und aus zwei Klassen des Carl-Humann-Gymnasiums aus Essen-Steele kommen, untergebracht. „Die Mütter haben geweint bei der Abreise; uns hat das allen aber nicht viel ausgemacht."

Mit 15 Jungen teilt sich Erich in der Schlüsselburg eine „Stube". „Das war eine richtige Stubengemeinschaft, obwohl wir alle aus verschiedenen Schichten kamen." Jeden Tag ernennen sie einen neuen Stubenältesten, der für Ordnung und Pünktlichkeit der Zimmergenossen verantwortlich ist. Abends werden so lange Geschichten erzählt, bis alle eingeschlafen sind.

Vor allem die böhmische Landschaft hat Erich Maylahn heute noch sehr positiv in Erinnerung. „Es war eine wunderschöne Gegend mit vielen Fischteichen." Kontakt zur Bevölkerung aus dem angrenzenden Dorf haben die Schüler dagegen nicht. Wie in vielen anderen Lagern auch, veranstalten sie in ihrer Jungvolk-Uniform „Propagandamärsche" durch die Straßen. „Wir haben das nicht so als Provokation gesehen. Das war einfach so, und man hat nicht viel darüber nachgedacht."

Der Unterricht findet im großen Saal des Schlosses statt. Besonders die Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag gefällt Erich an der KLV besonders gut: „Zu Hause hatte man oft keinen, den man fragen, und der einem weiterhelfen konnte, z.B. bei Englisch."

Die gesamte Stimmung empfindet er während der KLV-Zeit als äußerst harmonisch. Er versteht sich gut mit den anderen Schülern und hat auch zur Lagerleitung ein gutes Verhältnis. In ihrer Freizeit gehen die Jungen Enten jagen oder lassen „Steine flitschen". „Langeweile hatten wir eigentlich nie", weshalb Erich auch kaum Heimweh empfindet, obwohl er oft an zu Hause denken muss.