Inge Ritter

Inge Ritter (1927)

Inge Ritter wird am 16. September 1927 in Köln-Klettenberg geboren. Sie wächst als jüngstes von zunächst vier Geschwistern auf, 1938 nimmt die Familie weitere vier Kinder einer verstorbenen Tante auf. Die Eltern – insbesondere die Mutter – sind überzeugte Nationalsozialisten. Von früher Kindheit an ist Inge Ritter eng in das NS-Organisationsnetz eingebunden; erst als Mitglied in einer „Kükenschar“ des NS-Frauenbundes, dann bei den Jungmädeln und im BDM.

Nach dem Besuch der evangelischen Volksschule Manderscheider Platz wechselt Inge 1937/38 auf das städtische Lyzeum Weyerthal. 1940 nimmt sie mit ihrer Schwester an einem mehrwöchigen Aufnahmeverfahren für eine Napola in Colmar-Berg teil, kehrt jedoch wieder nach Köln zurück, da ihre Schwester nicht aufgenommen wird.

Zu Kriegsbeginn werden die Männer der Familie eingezogen und die Mutter erkrankt schwer. Inge sorgt pflichtbewusst für die vier adoptierten Geschwister und engagiert sich zusätzlich zum regulären BDM-Dienst in zahlreichen Kriegshilfsdiensten.

1943 wird die Familie evakuiert und kommt nach Strakonitz/Strakonice in der besetzten Tschechoslowakei, mit der Perspektive, dort zur „Stärkung des Volkstums im Ausland“ auch dauerhaft zu bleiben.

Noch am 20. April 1945 tritt Inge Ritter als „Geschenk an den Führer“ aus der evangelischen Kirche aus und glaubt fest an den „Endsieg“.

Das Kriegsende erlebt sie in Böhmen, wo sämtliche Deutsche im Mai 1945 von den Tschechen interniert werden. Nach einer Scharlacherkrankung kommt sie in ein amerikanisches Lazarett.

Im November 1945 kehrt Inge Ritter nach Köln zurück und holt am Apostelgymnasium ihr Abitur nach. Sie reagiert auf den Zusammenbruch des NS-Regimes mit absoluter Ratlosigkeit, da für sie jegliche bisherige Gewissheit ihre Gültigkeit verloren hat.

Sie widmet sich nun ganz ihrem Psychologie- und Medizinstudium und wird Kinderärztin. Erst eine Psychoanalyse, die sie in den 1970er Jahren durchläuft, hilft ihr, sich mit ihrer Vergangenheit und Familiengeschichte auseinandersetzen.

Das Interview mit Inge Ritter wurde 2006 in Köln geführt.