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Chronik der Strumschar "Maria Himmelfahrt" Wesel 1908 bis 1937

Die drei Bände der Gruppenchronik der Sturmschar der Pfarrgemeinde Maria Himmelfahrt in Wesel wurde von Fritz Gilhaus (1912-2004)  angelegt, der dieser Gruppe angehörte und sie auch lange Jahre als Präfekt leitete. In seiner herausgehobenen Stellung und aufgrund seines Engagements nahm Fritz Gilhaus neben der Romfahrt im Jahr 1935 auch an nahezu allen wichtigen Treffen der Sturmscharen in der Diözese Münster, aber auch an reichsweiten Veranstaltungen teil, deren Chronist er somit wurde.

Fritz Gilhaus wurde bald auch von Repressalien des NS-Staates getroffen. So wurde er beispielsweise zur Zahlung eines Zwangsgeldes verurteilt, weil er auf dem Weg vom Jugendheim zur Kirche die Straße in Sturmscharkluft überquert hatte. Um seinen Arbeitsplatz behalten zu können, trat er im September 1935 schließlich zwangsweise offiziell aus der Sturmschar aus. Er blieb jedoch weiterhin aktiv und nahm auch am letzten Sturmschartreffen der Diözese Münster auf Burg Raesfeld am 4./5. September 1937 teil, die von der Polizei aufgelöst wurde. Im Herbst 1937 war Fritz Gilhaus auch von mehreren Hausdurchsuchungen der Gestapo betroffen. Hierzu notierte er später unter dem Datum vom 11. September 1937: "Hausdurchsuchung bei F.G. Viele Papiere, Akten, Schreibmaschine, Liederbücher mit Aktenschrank wurden beschlagnahmt. Die Polizei nahm nicht alles sofort mit, sondern packte vieles in den Schrank und versiegelte diesen, um ihn am nächsten Tag zu holen. Ob sie mir diese Gelegenheit geben wollten? Jedenfalls habe ich nachts den Schrank von der Wand gerückt, die Rückwand herausgeschraubt und manches herausgenommen. So ist die dreibändige Chronik auch erhalten geblieben."

Durch diesen glücklichen Umstand kann dieses umfangreiche Werk nunmehr nicht nur über die Ereignisse in der Gruppe selbst und in Wesel informieren, sondern in mehrfacher Hinsicht über den lokalen Horizont hinausweisen. Die in ihrer Dichte und Umfänglichkeit herausragende Quelle besticht durch die intensive Rezeption der Verbandspresse und anderer Druckerzeugnisse durch ihren Autor wie durch die zahlreichen eingefügten Fotos, Dokumente und Broschüren.

So eröffnet die Chronik einen sonst kaum möglichen tiefen Einblick in die Ideen- und Alltagswelt der jungen Sturmschärler und zeigt dabei deren Aufbruchstimmung in den Jahren 1931/32 ebenso wie die Repressalien nach 1933 und den daraus resultierenden Beharrungswillen der Gruppe bis zu ihrer Auflösung. Dabei sind die letzten Jahre (ab etwa Mitte 1935) nicht mehr durch ausführliche handschriftliche Berichte, sondern durch Zeitungs- und Zeitschriftenausschnitte sowie durch beigefühte Dokumente dargestellt.

Insgesamt kann diese Quelle durchaus als exemplarisch nicht nur für das Selbstverständnis der Sturmscharen jener Jahre gelten, sondern dürfte für die unter dem Dach des Katholischen Jungmännerverbandes zusammengefassten katholischen Jugendverbände insgesamt repräsentativ sein.

Die Chronik und weitere Dikumente aus dem Besitz von Fritz Gilhaus wurden durch dessen Sohn 2008 dem Archiv des Jugendhauses Düsseldorf übergeben, wo sie seitdem aufbewahrt werden.