1931.
Mit Volldampf voran.
Wenn zur Winterzeit von schneebedeckten Bergen die Schlitten, von frohen, lachenden Kerls gesteuert, zu Tale sausen, dann erschallt von der Höhe der Ruf: Bahn frei! Und sooft ein Hindernis in den Weg kommt, rufen sie: Bahn frei!
Gleicht nicht das Leben einem Schlitten, der in rasender Fahrt dem Ziele zusteuert? Wie schnell werden alle Jahre vergehen! Wie viele Hindernisse haben wir überwunden! Was mag uns aber noch bevorstehen an Not und Elend?
Kein Hindernis, nicht Wind noch Wetter sollen uns von dem geraden Weg abbringen! Ja, was gibt es denn Schöners für einen katholischen Jungen und Jungmann, als unter inneren und äußeren Kämpfen, mit leuchtenden Augen und sicherer Hand, mit festem Willen den Lebensschlitten dem Ziele zuzusteuern!? Laßt andere spotten, laßt sie eine scheinbar schönere Straße dieses Erdenlebens wandeln, willenlos, führerlos, ohne Zweck und ohne Ziel!
Unser Ziel ist der Katholische Mensch nach unserem Gesetz. Glückauf-Heil katholische Jugend zu diesem herrlichen Ziel! Brüder ruft es hinaus in das Hasten und Jagen unserer Zeit, in das junge Jahr hinaus, ruft es laut und freudig, auf daß jeder es höre: Bahn frei für uns katholische Jugend!
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Ein schöner Auftakt für unsere Arbeit im neuen Jahre, war für uns das Sturmschar-Treffen in Alpen am 3. und 4. Januar. Mit ca 200 Mann waren wir zusammen aus dem Gau Ruhrmünde mit dem Bezirk Rees. Trotz des schlechten Wetters sind wir Samstag abends hingezogen. In einem Saale war eine feine Jugend-Kundgebung und dann gings zur „Jugendburg".
Nach einer ziemlich ruhigen Nacht in den feinen Schlafsäälen dieser Jugendherberge gings frühmorgens zur Alpener-Kirche, wo unser Präses die gemeinsch. Messe las. Am Tage waren dann in der Burg die verschiedenen Arbeits- Sing- u. Spielkreise. Sehr befriedigt, zogen wir abends heim.
Noch etwas über die Jugendburg Alpen.
Die Weseler auf dem Treffen in Alpen
die beiden Pfarren waren in einer Schar zusammen. Im Monat März fuhren einige unserer Leute zu einem „Arbeitstreffen" innerhalb katholischer Jugend, nach Hainborn. Es wurde manches praktische geleistet. Wir lernten unsern Reichswart kennen und waren sehr begeistert von ihm.
Es war am 24. Mai 1931 als die ganze Schar zu frohem Spiel und Kampf auf der Büdericher Insel war. Im Landheim, das wir noch mit den Neudeutschen zusammen bewohnten, waren wir zu Hause. Am nachm. war ein echtes Geländespiel und es gab mehr wie einen blutigen Kopf und aufgerissene Knie und Hände, von dem Kampf, der in den Unterständen stattgefunden hatte.
Am Abend dieses Tages beschlossen die Führer mit ihrem Präses, in einer längeren Besprechung, die Trennung der Schar für beide Pfarren unter ihrem eigenen Präses und Scharführer. Wie die Verhältnisse nun mal standen, war dies die beste Lösung.
Dann blies der Bezirksführer unseres Bezirkes Rees zum Sammeln und zwar zu einem Zeltlager an den Pfingsttagen in Elten an der Wild. Es war am 23. und 24. Mai 1931.
Es war ein furchtbar heißes Wetter und es konnte nichts besseres gemacht werden als in die Wild zu baden.
Das Lager wurde drum auch schon am frühen Mittag des zweiten Tages abgebrochen und ziemlich ermattet und mit ganz braun und rot gebrannter Haut fuhren wir zurück.
Zum erstenmal waren wir an diesen Tagen mit den Scharen des Bezirkes zusammen und so lernten wir da unsere Freunde aus Rees Emmerich und Millingen kennen.
Seit dieser Zeit kommen die Führer regelmäßig alle zwei Monate zusammen, die erste Bezirksführerrunde war am 14. Juni. Die Schar kommt wenigstens einmal im Jahre zum Bezirkstreffen zusammen. Aber auch sons, soll unter den Scharen
und Gruppe und unter den Führern reges Leben und Freundschaft herrschen.
Daß wir zwischendurch auch unsere Sonntags-Fahrt machten ist selbstverständlich. Einen feinen Tag verlebten wir am 21. Juni auf der Vinkel in Obrighoven. Ein feines Gelände für allerhand Spiele. Am Sonntag darauf machten wir eine Radtour nach Wieze.
Eine große und feine Sache war der 6. Reichsverbandstag des Katholischen Jungmännerverbandes in Trier und die von uns dorthin waren, konnten von einem großen Erlebnis erzählen. - Zum ersten male ist da die Sturmschar des Reiches aufmarschiert und man hat gestaunt über diese Schar, und über die Kerle die dazu gehörten und es ist nicht zu hoch gegriffen wenn die Sturmschar, als die junge Bewegung des großen Verbandes, Vortrupp des Katholischen Jungmännerverbandes sein will.
Klaren und deutlichen Bericht von dieser Reichtstagung gibt uns das Buch „Ruf von Trier".
Auf diesem Reichsverbandstag wurde das Grundgesetz angenommen und feierlich Inkraft gesetzt. Sturmschar wird jederzeit in Sinne dieses Grundgesetzes arbeiten und in der Erfüllung Vortrupp sein.
Kampfspruch
Männer werden nicht gebildet
auf des Lebens Sonnenseiten,
sondern nur in Sturm und Wetter
und im ernstem, hartem Streite.
Darum, Freunde, laßt uns nimmer
denn was schwer ist, feige weichen.
Schweres, selbst das Schwerste zwingen,
ist des rechten Mannes Zeichen.
Wir hatten auch unsere wöchentlichen Zusammenkünfte und zwar in diesen Sommermonaten immer auf der Büdericher Insel. Aus einem Heimabend wurde aber nicht oft was. Hier wurde nämlich gearbeitet mit Schaufel und Schiebkarre und Hammer und Hacke und zwar auf unsern Grund und Boden. Ein ca 2 Morgen großes Gelände hatte unser Präses von der Stadt nach vielen Bemühungen bekommen und darauf durften wir schalten und walten und da sollte nun auf das Fundament eines abgebrochenen Militär-Gebäudes ein kleines Landheim gebaut werden. Arbeit gabs genug bis alles eben gemacht war, und ein Zaun herum gezogen war. Der Montag abend reichte allein nicht aus und wer eben frei hatte ging nachm. oder abends hin. Es halfen uns auch noch einige Väter und so kam man schnell vorwärts. Unser rüriger Herr Präses hatte auch für Geld gesorgt und bald stand ein schmuckes Häuschen da. Bald war es auch angestrichen und wir konnten an die Einweihung denken. - Das sollte aber auch ein Festtag erster Klasse werden und deshalb wurde gut vorbereitet.
[Foto:] Am Tage der Einweihung
Am Sonntag darauf war das Fest der gesamten Weseler Jugend „Schillfeier". Am Festzug nahmen auch wir teil.
Mit den übrigen katholischen Vereinen zogen wir zusammen zur Verfassungsfeier in der Messehalle.
Eine Radtour am Sonntag brachte uns nach Cleve. Wir besichtigten auch die Schwanenburg. Natürlich mußte auch gepaddelt und gekahnt werden.
Unsere Jungschar hielt vom 29. bis 31. August ein Lager auf der Insel. Sehr bunt und heiter gings da zu. Fußball wurde auch genug gespielt.
Wie seit einigen Jahren machten wir am 23. Aug. unsere Fußpilgerung nach Kevelar. Nachts um 2 Uhr gings los. Wenn auch manche abends sehr müde waren, so wars doch immer ein schöner Tag.
Mit Sang und Klang zog an einem Sonntag auch unsere Jungschar auf Fahrt. Es ging nach Marienthal b. Brünen.
Wir werden uns nach einigen Jahren noch oft dieser Gesichter erfreuen.
Bei trüben Wetter fuhren wir am 6. September mit dem Auto nach Empel. Da wegen Mitwirkung an einem Freilichtspiel eine Reihe Jungschärler mitfuhren saßen wir fast wie die Heringe im Faß. In Empel trafen wir mit den Reesern und Emmerichern zusammen. Dann hieß es: „In Stirnreihe angetreten! abzählen zu 4ren, rechtsschwenkt, marsch! Ein Lied wurde geschmettert und so gings nach Millingen zum
Werbetag
es regnete in Strömen und deshalb war es gut, daß wir bald unter Dach kamen. In einer Scheune im Stroh wurde dann ....... gebalgt, und da keine Aussicht war, daß wir die Feier für die Bewohner Millingens im Freien halten konnten, ein Saal uns nicht nur Verfügung stand, zogen wir nach der Andacht wieder ab.
Im Monat Oktober fuhren wir mit den Rädern zu einem feinen Treffen in Straelen. Wenn wir auf der Rückfahrt auch einen ins Schlepptau nehmen mußten und in Alpen beinahe wegen Fahrens ohne Licht einen Protokoll bekommen hatten, kamen wir doch heim.
Eine schönverlaufene Feier, im vollen Saale der Eintracht war die erste Jungschar-Aufnahme. Leider konnte der Präses selbst nicht dabei sein. Sein Gruß zur Feierstunde wurde mit einem kräftigen Treu-Heil erwidert.
Als die Führer an einem Sonntag mit der Führerschaft des Vereins nach Essen zur Gruga fuhr, hatten die das Glück, daß am gleichen Tage der Zeppelin nach Essen kam und auf dem Essen-Mülheimer-Flugplatz landete, und da mußten wir doch auch dabei sein.
Wir fragten also den ersten besten: „Wohin gehts zum Flugplatz." „Flugplatz?" fragte der. „Wo der Zeppelin landen soll, och, dann gehen se am besten diese Straße entlang, ömme gradeaus, und dann laufen se die andern Leute ma immer nach, dann kommen se bestimmt da." Dat ist aber immerhin noch in Stund. Wir taten wie der uns gesagt hatte und waren in 1 ¾ Stunde erst da, aber der Zepp war immer noch nicht da. Wir gingen einpaar mal um den Platz herum, bis wir uns auf einmal in dem Menschengedränge verloren hatten. Einen hatte ich noch eben erwischt und so zogen wir zwei zusammen und warteten auf den Zeppelin. Auf den Platz, der riesig groß ist wollten wir nicht weil es zu teuer war. So war es schon 5 ½ Uhr geworden und um 7 Uhr war Sammeln am Hauptbahnhof in Essen. Aber jetzt schon zurücklaufen ohne den Zepp gesehen zu haben wollten wir nicht und die andern würden es
auch wohl nicht tuen. Die andern? wo mögen die wohl jetzt stecken? Da auf einmal reckten sich die Köpfe und einer sagte es dem andern: „Hei kömmt, hei kömmt doch noch." Wirklich, ganz weit sah mal so etwas wie eine versilberte Zigarre durch die Luft schweben. Das mußte der Zeppelin sein. Nach einer Zeit hörte man auch schon sein Brummen und bis er über uns einige Kreise zog und dann glücklich nieder ging waren ½ Stunde vergangen. Da hättet ihr Leute laufen sehen können! Die Schupos hielten nichts mehr. Auch wir zwei liefen mit um den Zepp näher sehen zu können und kletterten auch mit über den Zaun des Flugplatzes, und dachten nicht, daß wir doch um 7 Uhr am Bahnhof sein mußten weil wir doch alle auf Fahrschein gefahren waren, und da ich den Fahrschein in der Tasche hatte, mußten die andern auf uns beide warten. Als nun der Zepp wieder hoch ging rannten die Leute zu ihren Autos und Postautos um noch vor dem Gewimmel der abziehenden Leute wegfahren zu können. Wir wollten auch möglichst schnell zurück nach Essen und setzten, vielmehr stellten uns, denn alles war voll, in das erste beste Postauto. Wenn wir aber meinten jetzt gings schnell los und wir wären so vielleicht noch vor den andern die zurücklaufen würden, in Essen so waren wir bald eines andern belehrt, denn das Auto konnte nicht durchkommen. Soweit man sehen konnte ein Auto nach dem andern. Als es dann doch endlich fahren konnte hörten wir, daß das Auto nicht bis zum Bahnhof fährt, sondern daß wir noch ein Stück mit der Straßenbahn fahren müßten. Dann wurde es für uns
doch höchste Zeit und das Auto fuhr uns noch immer nicht schnell genug. Da auf einmal gabs ein Ruck und das Auto stand. Da wir alle dichtgedrängt standen und saßen, war keiner umgefallen. Wir hörten dann, daß unser Auto ungefähr einen überfahren hatte und das Unglück war nur durch das schnelle Bremsen des Schaffeurs verhütet worden. Als wir dann, nachdem wir noch mit der Straßenbahn gefahren waren zur Bahn kamen waren nur 4 Mann da die andern 4 waren schon wieder weggegangen, und wollten um 9 ¼ Uhr zurück sein um dann mit dem Zuge um diese Zeit abfahren zu können. Als es aber so spät war kamen diese immer noch nicht und so stiegen wir sechse in den Zug. Hatten aber an der Sperre gesagt, daß noch 4 Mann auf unsern Fahrschein führen die noch kämen. Am andern Tage hörten wir dann von denen die nachgekommen sind, daß sie mit dem 11 Uhr Zuge gefahren wären. In Essen hatte man sich eine Bahnsteigkarte gelöst und war damit zurückgefahren. In Wesel, als er an der Sperre gefragt wurde zeigte man die Karte für den Sammelschein vor und sagte daß der Schein noch käme, unterdessen waren die Kerls durchgegangen und der Beamte wartete vergebens auf den Schein.
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So sahen unsere Mitteilungen im Kirchenblatt aus.
Während unserer Heimabende in dieser Zeit besprachen wir viel unser Gesetz der Sturmschar und hörten wir manches praktische über Sturmscharleben und Sturmscharart, denn in der kommenden Sylvesternacht sollte auf der Insel beim Feuerschein das Sturmschar-Versprechen abgelegt werden. Schnell vergingen die letzten Wochen vor Weihnachten. Am Weihnachtsfeste selbst, gehört jeder feine Kerl zu Hause und so hielten wir es auch. Am Donnerstag in der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr waren die letzten Besprechungen, und dann konnte der Abend kommen.
Fein war diese von Anfang bis zu End und wir denken noch oft an diese Nacht zurück, an das gegebene Versprechen am lodernden Feuer. -
So war ein neues Jahr begonnen. Wir wollen es bejahen mit allen Kämpfen und Nöten, aber auch mit allen Freuden die es uns bringen wird.