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Flucht/Vertreibung

"Flucht und Vertreibung“ war ein dominierendes Thema der Nachkriegszeit. Zwischen 1944 und 1948 waren in Deutschland und in Europa rund hundert Millionen Menschen „unterwegs“, die ihre Heimat für immer oder für längere Zeit verlassen mussten. Die Welt erlebte damals die zahlenmäßig größte Wanderung der Geschichte überhaupt. In Deutschland hielten sich 1945 zwei Drittel der Bevölkerung nicht an ihren angestammten Wohnplätzen auf. Und ob die Menschen, die das Schicksal zusammenführte, das nun wollten oder nicht, sie waren dauerhaft zum Zusammenleben gezwungen.

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Hinterpommern, Danzig und Westpreußen

Auch die Evakuierung von Hinterpommern, Westpreußen und Danzig begann viel zu spät.[1] Das zeigte sich in erschreckender Deutlichkeit, als die Rote Armee zwischen dem 24. Februar und dem 1. März 1945 eine Offensive startete , während der sie bis zum 5. März bei Kolberg und nördlich von Köslin zur Ostsee vorstieß und bei Stettin die Oder erreichte. Damit war ganz Hinterpommern besetzt und jeder Fluchtweg über Land abgeschnitten.

Damit stellte – wie zuvor in Ostpreußen - die Flucht über die Ostsee auch hier für viele Menschen aus dem eingekesselten Gebiet das tragische Schlusskapitel des Zweiten Weltkriegs dar. Zu diesem Zeitpunkt hielten sich noch etwa 2,5 Millionen Deutsche in Pommern und der Danziger Bucht auf. Weil immer mehr Menschen – unter ihnen allein rund 800.000 aus Ostpreußen – zur zum Nadelöhr gewordenen Ostsee strömten und die Region entsprechend überfüllt war, spielten sich in den Häfen schreckliche Szenen ab. Allenthalben herrschte völliges Chaos und regierte die nackte Gewalt. Ende März 1945 wurde die Halbinsel Hela dann zum letzten Tor in den Westen, vor dem mehr als 100.000 Flüchtlinge, Verwundete und Soldaten auf ihre Evakuierung über die Ostsee warteten.

Die scheinbar Glücklichen, denen es gelungen war, einen der raren Plätze auf einem der Schiffe zu erkämpfen, kamen oft auf dem Meer um, denn sowjetische U-Boote torpedierten die ohne wirksamen Geleitschutz fahrenden und hoffnungslos überfüllten Schiffe. So wurde am 30. Januar 1945 das ehemalige Kreuzfahrtschiff „Wilhelm Gustloff“ mit über 10.000 Passagieren von drei sowjetischen Torpedos getroffen. Mehr als 9.300 Menschen fanden hierbei den Tod. Am 10. Februar wurde die „Steuben“ mit 4.300 Passagieren (3.608 Tote) versenkt, am 16. April die „Goya“ mit rund 7.000 Menschen (6.666 Tote). Den Untergang des letztgenannten Schiffs erlebte Charlotte Leibrandt unmittelbar mit. Insgesamt wurden rund 2,5 Millionen Menschen durch den Einsatz von 1.081 Schiffen gerettet. 250 von ihnen wurden jedoch versenkt, wobei insgesamt mehr als 40.000 Menschen ums Leben kamen.

Fußnoten

[1] Das Folgende nach Zeidler, Flucht, S. 77f., Schön, Flucht, S. 108ff., Burk/Fehse/Krauss/Spröer/Wolter, Heimat, S. 28 und Hryciuk u.a., Umsiedlungen, S. 171.

zuletzt bearbeitet am: 04.12.2017