DPSG: „Wir gehörten zusammen, wir waren eine feste Clique“

Durch die frühen Aktivitäten in der Messdienerschaft der Pfarre St. Laurentius wird Hugo auch an die katholischen Jugendverbände herangeführt. Als sich die Jungschar des katholischen Jungmännervereins, der er zunächst angehört, 1932 auflöst, regt Jungscharführer Hans Schocke - später Kaplan in Duisburg und damals einziger „Pennäler" der Gruppe - die Jungen an, der St. Georgs-Pfadfinderschaft (DPSG) beizutreten. „Wir waren natürlich Feuer und Flamme", so Hugo Kreutzer rückblickend. Er und seine einstigen Mitstreiter in der Jungschar werden in der Folgezeit begeisterte Pfadfinder. „Die gesamte Sturmschar löste sich damals auf und ging über in die Georgs-Pfadfinderschaft." Den Grund für die Auflösung der Sturm- und damit auch der Jungschar der Laurentius-Pfarre kann Hugo Kreutzer nicht mehr erinnern.

 

Für die Aufnahme in die DPSG müssen die Jungen Prüfungen bestehen und ein Pfadfinderversprechen ablegen. Am 1. Mai 1932 findet mit der „Versprechensfeier" Hugos offizielle Aufnahme statt. In seinem Pfadfinderversprechen, an das er sich noch heute gut erinnert, gelobt er „Gott, der Kirche und dem Vaterland" seine Treue. An diese Reihenfolge habe er sich auch stets gehalten. Zur damaligen ausgeprägten und oft unreflektierten Vaterlandstreue der Pfadfinder hat Hugo Kreutzer heute allerdings ein kritisches Verhältnis.

 

Hugo bildet mit sechs anderen Jungen - allesamt DPSG-„Wölflinge" - die „Gelbe Horde". Seit 1934/1935 lockern sich die Gruppenstrukturen durch die zunezhmenden Beschränkungen für die katholischen Jugendverbände allerdings schrittweise und erheblich. Seit dieser Zeit werden auch keine neuen Wölflinge mehr in die Gruppe aufgenommen.

Die „Steelenser" Pfadfinder führen auch Aktivitäten mit dem Katholischen Jungmännerverband der Pfarre durch, dem sie ohnehin als Untergliederung angehören. So erinnert sich Hugo Kreutzer an ein gemeinsames Zeltlager mit Jungmännern und Sturmschärlern 1932 im Höweler Wald. Ein Jahr später, bereits nach der NS-Machtübernahme, beteiligt sich die Gruppe noch an einmal an einem solch gemeinsamen Lager im Schellenberger Wald.

 

Neben gemeinsamen Fahrten und Ausflügen trifft sich die Pfadfindergruppe Zeit ihres Bestehens allwöchentlich zu Heimabenden. Hans Schocke - nun Gruppenführer der Wölflinge - hat dabei so großen Einfluss auf seine Jungen, „dass sich auch keiner in die HJ getraut hätte". So tritt keiner aus der „gelben Horde" ins Jungvolk ein oder möchte etwas mit ihr zu tun haben. Das trifft jedoch nicht auf den gesamten DPSG-Stamm in Steele zu, denn es gibt durchaus auch Jugendliche, die später begeisterte Hitlerjungen werden. Die Stammesgründer, so Hugo Kreutzer, hätten jedoch - anders als bei anderen Essener DPSG-Stämmen - allesamt nicht dazu gehört.

Das von den Nationalsozialisten erlassene Verbot gemeinsamen Wanderns umgehen die jungen Pfadfinder, indem sie sich in Zweiergruppen zu den Ausflugszielen bewegen. Die unvermeidbaren Zusammentreffen mit dem HJ-Streifendienst laufen dabei zumindest für Hugo immer glimpflich ab.

 

Bei aller Bedrängnis bleibt man der DPSG oder zumindest der katholischen Jugend treu. Wichtig sind in dieser Zeit feste Bezugsgrößen, von denen insbesondere KJMV-Generalpräses Ludwig Wolker eine herausragende Bedeutung zukommt. „Manchmal kam der sogar vor Gott", so Hugo Kreutzer schmunzelnd.

Nach seiner Schulentlassung engagiert er sich neben den Aktivitäten bei der DPSG noch im katholischen Jungmännerverband. „Ich war als Bürokrat Schriftführer natürlich und auch Kassierer." Bis zum Tag der Auflösung des KJMV 1938 hat er dieses Amt inne. Eines Nachmittags kommen am Verbotstag dann „einige Leute" zu ihm nach Hause, um die Unterlagen des Vereins zu beschlagnahmen und mitzunehmen. Da seine Mutter sagt, ihr Sohn habe die Papiere bereits beim Vikar abgeliefert, wird Hugo anschließend nicht mehr behelligt.

 

Seine ehemalige Wölflingsgruppe tritt nun geschlossen dem Roten Kreuz bei, um als Gruppe zusammen bleiben zu können und zugleich eine Mitgliedschaft in der HJ zu umgehen. Für Hugo ist das jedoch kein großer Vorteil. Als er seinen Ausbildungsplatz in der Rechtsanwaltskanzlei verlassen möchte und sich bei der Reichspost um eine Lehrstelle bewirbt, wird er ebenso abgelehnt wie später bei der Reichsbahn. Über seinen Vater erfährt er später, dass er für die Zuteilung einer solchen Lehrstelle in der HJ hätte sein müssen. So bleibt Hugo in der Kanzlei, bis er 1940 zum Reichsarbeitsdienst eingezogen wird. Während seiner Ausbildung tritt er zuvor aber noch einer weiteren katholischen Vereinigung bei - dem Bund Katholischer Kaufmannsjugend (KKV).