Katholische Jugend 1930-1940. „Dann hätte es vielleicht doch eine Prügelei gegeben.“

Schon sei Bruder, so Hans Böing, sei zunächst in der Jungschar und später in der Sturmschar gewesen. „Und da kam ich dann ganz automatisch dann auch dahin. Ja, da bin ich eigentlich durch meinen Bruder hingekommen".

Die Pfarre St. Andreas in Essen-Rüttenscheid ist in den 1930erJahren mit einem Pfarrer und vier Kaplänen besetzt. Zur Kirche gehören mehrere Häuser, in denen auch die Kapläne wohnen. In einem der Keller, der von den Jugendlichen selbst ausgebaut worden ist, finden die Treffen der Sturmschar statt. Bei diesen Gruppenstunden wird gesungen oder vorgelesen, und bei schönem Wetter werden Wanderungen unternommen.

 

Dabei kommt es bald auch zu Konfrontationen mit der HJ: „Aber das fing schon 1933 an, wenn wir dann da unten im Keller Unterricht hatten, bzw. unser Treffen hatten, dass dann die von der Hitlerjugend sich eingeschlichen hatten durch das Kellerfester, oder etwas reingeschmissen hatten und Parolen runter riefen. Ja, das waren Einzelne, die wussten genau, wenn wir sie erwischt hätten, wenn wir sie geschnappt hätten, dann hätte es vielleicht doch 'ne Prügelei gegeben." „Haltet euch neutral; nicht provozierend auftreten", habe Kaplan Schmidt die Jugendlichen stets angewiesen.

 

Überhaupt hätten die Kapläne eine große Rolle gespielt. An erster Stelle nennt Hans Böing Kaplan Schwarz, der „volksnäher" gewesen sei als sein Nachfolger Alfred Schmidt. „Eine große Bedeutung" habe der gehabt. Hans selbst hat zu dem Kaplan ein enges Verhältnis und steht später während der Wehrmachtszeit auch in regelmäßigem Briefkontakt mit ihm. Leider sind diese Briefe nicht erhalten.

 

Im Rückblick verkennt Hans Böing nicht, dass einige Strukturen und Handlungen der Sturmschar Ähnlichkeiten mit der HJ aufgewiesen hätten. Das habe aber daraus resultiert, dass viele dieser Elemente bereits lange zuvor in der Jugendbewegung entwickelt worden seien, und es jenseits von äußeren Verhaltensweisen und Auftreten letztlich stets darum gehe, alles „im Guten zu tun als im Bösen".

Die jugendbewegten Zeiten neigen sich auch in der St. Andreas-Pfarre bald dem Ende zu. Es sei um 1935/36 immer unwichtiger geworden, ob man der Sturmschar oder einer anderen Gruppe angehört habe, erinnert sich Hans Böing. Aufgrund der Umstrukturierungen innerhalb der katholischen Jugend sei man ohnehin bald in der Pfarrjugend aufgegangen. Diesen Übergang erlebt er als „fließend": „Ich hab da keinen sehr großen Unterschied festgestellt".