Luftwaffenhelfer 1943 - „Das war furchtbar, so hatten wir das noch nicht erlebt.“

Kaum am 31. Januar 1943 aus dem Wehrertüchtigungslager nach Essen zurückgekehrt, wird Hans-Hermann nur zwei Wochen später mit den restlichen Jungen aus seiner Klasse als Luftwaffenhelfer eingezogen. Damit gehören sie zum ersten Jahrgang minderjähriger Gymnasiasten, die zu dieser Art von Kriegshilfsdienst verpflichtet werden.

Sie empfinden das aber nicht als Zwang - ganz im Gegenteil: „Toll war das! Schließlich schlief die ganze Klasse zusammen in einer Baracke." Ausgestattet mit einer eigenen Uniform und Mütze leisten die Jugendlichen ihren Dienst zusammen mit Schülern aus anderen Stadtteilen und werden zunächst an der Flak-Scheinwerferstellung „Heimliche Liebe" im Essener Stadtwald eingesetzt. Da sich alle untereinander gut verstehen, macht den Jungen diese Zeit viel Spaß.

 

Von den Offizieren werden sie durchaus wohlwollend behandelt und dürfen zwei Mal in der Woche, wenn nichts zu tun ist, tagsüber sogar die Tanzschule besuchen. Schulunterricht wird in dieser Zeit dagegen nicht erteilt. Erst später, nach ihrer Abkommandierung zur Kanonenbatterie am Schuirweg, werden die Jungen wieder in einer eigens dafür errichteten Baracke unterrichtet. Direktor Fischer vom Gymnasium Bredeney kommt dafür höchstpersönlich regelmäßig mit dem Fahrrad; selbst Klausuren werden geschrieben. Als amerikanische Bomber dann aber auch am Tage Angriffe fliegen, muss der Unterricht immer häufiger unterbrochen werden - nicht immer zur Freude der Jungen, die mittlerweile eher dankbar sind für Abwechslung und Gelegenheiten zum Lernen. „Es war uns wichtig. Wir wollten schließlich nach dem Krieg auch noch was werden."

 

Als Luftwaffenhelfer erleben Hans-Hermann und seine Kameraden auch die schweren Angriffe vom 5. und 12. März 1943 auf Essen unmittelbar mit. Von der Höhe der „Heimlichen Liebe" aus beobachten die Jungen machtlos, wie sich der Himmel über der Stadt infolge der zahlreichen Brände immer intensiver rot färbt. An den darauf folgenden Tagen werden sie dann sogar zum Aufräumen in den Trümmern eingesetzt „Das war furchtbar, so etwas hatten wir noch nicht erlebt."

 

Bei den großen Bombenangriffen wird auch die Möhnetalsperre zerstört, für die Vater Walther Hüttenhein als Leiter des Ruhrverbandes verantwortlich ist. Zwei Tage später kommt die Flutwelle in Essen an: „Was da alles angeschwommen kam!" Hans-Hermann erlebt deren zerstörerische Wucht in Kupferdreh, als er sich gerade bei der Regimentsstelle einen Urlaubsschein abholen will.

„Das waren wilde Zeiten", kommentiert er diesen Lebensabschnitt heute, wenn ihm auch inzwischen bewusst ist, dass ihm seine Luftwaffenhelferzeit stets etwas idealisiert in Erinnerung geblieben ist.