Bibelkreis und Politik – „Schon früh war ich von Hitler begeistert.“

Frieder hört schon früh von Hitler und dem Nationalsozialismus. Bereits 1929, also mit gerade elf Jahren, so erinnert er sich später, sei er von dessen Ideen und Versprechungen begeistert gewesen. „Zucht und Ordnung, Ehre und Treue, Deutschlands Größe und Freiheit von Versailles, das alles gehörte zu den Idealen, in denen wir aufgewachsen waren. Und hier wurde das von einer Partei, von einem Führer verkündigt." Dabei stört es den Jungen auch nicht, dass seine Eltern die Begeisterung für Hitler nicht teilen können. Sie lassen ihm in politischen Dingen freie Hand, in diesem Fall wie auch schon in der BK-Frage; - Vater Emil gehörte immerhin dem Vorstand des CVJM in Essen-Dellwig an und ließ seinen Sohn dennoch zum Borbecker BK gehen.

Das Bibelkreismitglied wird ein glühender Anhänger der NSDAP und ist damit zwar Vorreiter, aber keineswegs allein. In seiner Schulklasse am Borbecker Gymnasium, so erinnert er sich später, sei er wohl der erste gewesen, „der offen für Hitler eintrat", während seine zumeist dem katholischen Milieu entstammenden Klassenkameraden hinter Brüning und dessen Zentrum stehen. So sind hier die beiden Konfessionen an eine jeweils unterschiedliche politische Orientierung gekoppelt. „Wir vom BK waren eigentlich alle für Hitler und trugen hinter dem Jackenaufschlag ein kleines Hakenkreuz. Es öffentlich zu tragen war verboten. Wenn aber einer der führenden Nationalsozialisten in Essen sprach, dann ließen wir unsere BK-Stunden ausfallen und gingen hin." So sieht und hört Frieder 1932 sowohl Goebbels als auch Göring in der Gruga und Anfang 1933 dann schließlich auch Hitler im Wahlkampf für die Reichstagswahl am 5. März. Zuvor hat er bereits den Tag der NS-Machtübernahme mit heißem und frohem Herzen und großer Genugtuung erlebt: „Ich sehe uns noch begeistert vor unserem Gymnasium am 31.1., als nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler die Hakenkreuzfahne auf dem Dach unserer Schule gehisst wurde und wir endlich unsere Hakenkreuzabzeichen öffentlich trugen."

Die Essener BKler - und mit ihnen auch Frieder Bredt - werden in ihrer frühen Begeisterung für den Nationalsozialismus von der in ihren Augen wohl höchsten kirchlichen Autorität unterstützt: Jugendpfarrer Wilhelm Busch ist seit spätestens 1930 ebenfalls ein Anhänger Hitlers. Er wählt seitdem nach eigenen Angaben NSDAP und versucht offenbar massiv, die im Weigle-Haus ein- und ausgehenden Jugendlichen von dessen Ideen zu überzeugen. Seit seinem Amtsantritt als Jugendpfarrer im Jahr 1929/30, so berichtet 1935 ein früherer Weigle-Haus-Besucher, der unter seiner Leitung auch an Fahrten teilgenommen hatte, habe Busch ihn und seine Freunde, die zu diesem frühen Zeitpunkt bereits höhere HJ-Führer waren, „nicht nur im Nationalsozialismus bestärkt", sondern sogar versucht, auch Andersdenkende zu einem Sinneswandel zu bewegen. So habe der Pfarrer 1931 im Rahmen einer „Helferversammlung" im Weigle-Haus versucht, den Anwesenden die Wahl des evangelisch orientierten Christlich Sozialen Volksdienstes auszureden und sie aufgefordert, stattdessen die NSDAP zu wählen.[1] - Angesichts der charismatischen Wirkung, die Wilhelm Busch auf die Angehörigen der evangelischen Jugendverbände in Essen zu diesem Zeitpunkt ausübt, ist deren frühe Begeisterung für Adolf Hitler nachvollziehbar.

Fußnoten

[1] Diese Angaben nach HStAD, RW 58/1264, Bl. 16. Zu Buschs eigener Angabe, seit 1931 die NSDAP gewählt zu haben vgl. ebenda, Bl. 78.