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Jugend! Deutschland 1918-1945
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Friedrich Bredt

geb. in Essen 1918

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HJ und BK – „ohne jede Begeisterung. -…aber hingehen, das war klar.“

Frieder Bredt selbst hält sich an die Ratschläge, die er „seinen" Jungen mit auf den Weg gegeben hat. Bereits in der Woche nach der Auflösung des Borbecker BKs tritt er der HJ bei und besucht den Kameradschaftsabend seiner Gefolgschaft 4/III/239, „weil ich meinte, eine straffe Jungengemeinschaft gehöre zu meinem Leben". Umso größer ist daher seine Enttäuschung über den dort herrschenden „laschen Betrieb". „Kein Lied, kein Spiel, dauernd unterbrochenes Vorlesen, langes Verteilen und Abrechnen der HJ-Zeitung ‚Die Fanfare' mit Klopperei zwischendurch und viel Geschrei." Da war Frieder vom BK anderes an Disziplin und Ordnung gewohnt. Dennoch tut er wie selbstverständlich seine Pflicht und nimmt regelmäßig an den Heimabenden teil - „aber ohne jede Begeisterung". „Wenn Sonntagvormittag ‚Dienst' war, dann ging ich zuerst in den Gottesdienst und meldete mich dann zum Dienst. Aber hingehen, das war klar."

Während er von der HJ vergeblich Ersatz für jenes „bündische Leben" erwartet, das ihm durch die Auflösung des Bundes deutscher Bibelkreise genommen worden ist, tut er selbst alles dafür, dessen religiöse Arbeit in irgendeiner Form fortzuführen. „Der alte BK traf sich schon in der Woche nach der Auflösung des Bundes zu einer offenen Bibelbesprechung bei Dr. Groß im Lutherhaus, jetzt ohne Kluft natürlich." Wie unbekümmert er mit der neuen Situation noch umgeht, belegt die Tatsache, dass Frieder auch seinen HJ-Scharführer zu diesen Treffen einlädt, der auch tatsächlich einige Male erscheint. Er selbst übernimmt umgehend wieder die Leitung der Gruppe der Elf- bis Vierzehnjährigen, die sich nun „Jungenwachtgemeinde" nennt und sich weiterhin jeden Samstag im Lutherhaus trifft. Er leitet sie in gleicher Weise an wie zuvor die BK-Mitglieder. Die neue Konstellation birgt jedoch einigen Zündstoff, gehören doch fast alle Mitglieder gleichzeitig auch dem Jungvolk an.

In den folgenden Monaten konzentriert sich Frieder auf seine Tätigkeit in der evangelischen Jugend, wobei er und seine Mitstreiter durchaus bereit sind, sich mit den neuen politischen Verhältnissen zu arrangieren - so lange sie ihrer christlichen Überzeugung treu bleiben dürfen. Als sich die alten BKler beispielsweise im Juli 1934 zu einem Gautreffen zusammenfinden, sind auch zwei „Schülerleiter" aus dem Kreis um Wilhelm Busch im Weigle-Haus dabei, die in SS-Uniform auftreten. Als sich die rund 120 Jugendlichen abends in der Scheune eines Bauern in Kettwig treffen, werden sie umgehend vom HJ-Streifendienst kontrolliert. Nun haben die beiden SS-Mitglieder ihren Auftritt, schicken die HJ-Streife „lautstark" weg und machen es so möglich, dass sogar die eigentlich verbotenen Speerspiele durchgeführt werden!

Die Unvereinbarkeit von HJ und evangelischer Jugendarbeit, von NS-Ideologie und Christentum tritt aber trotz solcher kleinen Erlebnisse in Frieders Alltag immer offensichtlicher zu Tage. Das bemerkt er in vollem Ausmaß wohl erstmals im Rahmen eines  Nationalpolitischen Lehrgangs, zu dem er mit seinen Klassenkameraden vom Borbecker Gymnasium in der Jugendherberge in Solingen-Ohligs zusammengezogen wird. Diese drei Wochen vom 14. November bis zum 3. Dezember 1934 seien, so erinnert er sich später, „eine schreckliche Zeit" gewesen, „in der statt Gemeinschaft zu fördern, weltanschauliche Gegensätze - hier Christen, da neudeutsches Heidentum - die Gemeinschaft zerstört" habe. „Die Lehrer völlig hilflos!"

Das Verbot zur bündischen Betätigung, das mit der Auflösung des Bundes deutscher Bibelkreise einhergegangen ist, kompensiert Frieder in den Sommern 1934 und 1935 auf seine Art: dann verreist er eben nicht mehr in einer großen organisierten Gruppe, sondern unternimmt in Begleitung zweier Freunde „Großfahrten" auf Fahrrädern. Während jene im Jahr 1934 - wie stolz vermerkt ist, über eine Strecke von immerhin 2.106 Kilometern- nahezu durch ganz Deutschland führt, wagen sich die Freunde 1935 auf ihrer nun gar 2.412 Kilometer langen Tour bis nach Mailand. „Es waren herrliche Ferien voll großer Erlebnisse und Eindrücke!"