Die Forderung nach einer stärkeren Beachtung von Audio-Quellen, so stellte Bodo Mrozek fest, sei in etwa so alt wie die systematische Beschäftigung mit Quellen selbst.[1]
Zunächst dominierte nach Erfindung des phonografischen Verfahrens im Jahr 1877 die Schallplatte als Audiomedium, deren Inhalte in der historischen Forschung aber allenfalls als Textzitate akzeptiert wurden. Mrozek plädiert nun aber massiv dafür, plädiert dagegen dafür, „den mehrdimensionalen Quellenwert von Schallplatten als Ton-, Text- und Bildspeichern auszuschöpfen“, wobei er besondere Aufmerksamkeit auf „akustische Dimension und dem sich daraus ergebenden Wert von Schallplatten als Material einer Klang- und Popgeschichte des 20. Jahrhunderts“ legt.
Bislang, so beklagt er zu Recht, finde dieser akustische Aspekt eher selten Beachtung, was sich exemplarisch im Schicksal von Sprachplatten niederschlage, die in der Historiographie bislang ein Schattendasein führen würden. Obwohl genügend Aufnahmen politischer Rhetorik als Vinyleditionen zur Verfügung stehen würden, werde nach wie vor „in aller Regel nicht aus Tonaufnahmen zitiert, sondern aus übertragenen Schrifttexten“. Das führt zu einem gravierenden Verlust an potenzieller Erkenntnis: „Bei der Transkription von Hörtexten zu Lesetexten geht aber – ganz abgesehen von der Fehlergefahr – eine Vielzahl von Informationen verloren: Intonation, Rhythmik und Aussprache sind nach rhetorischen Kriterien beispielsweise in einer politischen Rede mindestens ebenso wichtig wie die rein kognitiven Informationen.“ Wenn Mrozek auch einräumen muss, dass eine Schallplatte „vielleicht den Klang, nicht aber das Hörerlebnis ihrer Epoche unmittelbar überliefern“ könne und die auditive Wahrnehmung des Historikers stets „eine andere als diejenige der historischen Subjekte“ sei, dürfte eine Tonanalyse insbesondere bei historischen Sprachaufnahmen stets auch ein Quell der Erkenntnis sein. - Das wird beispielsweise bei den hier zu hörenden, zwischen 1934 und 1937 produzierten Schallplattenserien „Stimmen der Jugend“ des Katholischen Jungmännerverbandes sehr deutlich
Mit Aufkommen des Rundfunks nahm naturgemäß die Bedeutung der dort gesendeten Beiträge, die ohne Umwege in die heimischen Wohnzimmer, die Schulen, die Heime der Jugendgruppen oder die Veranstaltungsräume des verordneten „Gemeinschaftsempfangs“ gelangten, erheblich zu. Ob Reden von Hitler oder anderen NS-Größen, die überaus populären Unterhaltungssendungen oder während des Krieges dann die „Sondermeldungen“ von den immer zahlreicheren Kriegsschauplätzen. Von all diesen Rundfunksendungen gibt es hier eindrucksvolle Beispiele, die an Ort und Stelle kommentiert sind, während die Geschichte von Rundfunk und Radio an anderer Stelle ausführlich zur Darstellung kommt.
[1] Bodo Mrozek: Geschichte in Scheiben. Schallplatten als zeithistorische Quellen; in: Zeithistorische Forschungen, Heft 2/2011 [online: http://www.zeithistorische-forschungen.de/2-2011/id%3D4610 – 8.1.2016] Dort auch das Folgende.