Als Kind, so Irmgard Coenen, habe sie es als „hochinteressant“ empfunden, mit ihren Spielkameraden die Besatzungssoldaten am Jüchener Markt in dem von ihnen beschlagnahmten „Rheinischen Hof“ zu beobachten. Dort hat die Militärregierung ihre Büros, aber interessanter ist es für die Kinder, die in legerer Form auf den Fensterbänken sitzenden Soldasten zu betrachten – ein Verhalten, dass die in der streng militaristischen und hierarchischen NS-Zeit aufgewachsenen Kinder und Jugendlichen nicht kennen. „Das war alles so neu. Das war alles eine ganz neue und unbekannte Situation.“ Gefallen findet die gerade Zehnjährige an dem von ihr im negativen Sinne als „mildtätig“ und damit gönnerhaft empfundenen Verhalten der Soldaten hingegen nicht. „Das war nicht so mein Ding, diese Schau abzuziehen.“ Insgesamt aber bietet die Anwesenheit der Besatzungstruppen gerade den Heranwachsenden zumindest etwas Abwechslung in der vorwiegend tristen Nachkriegszeit.
Wenn auch unter sehr verschiedenen Vorzeichen empfinden die beiden hierzu befragten Zeitzeugen die Besatzungszeit jeweils als prägend. Kontakte zu Angehörigen der Militärverwaltung gibt es im Laufe der Zeit immer wieder auf unterschiedlichsten Ebenen. So lange zunächst die Amerikaner, ab Mitte 1945 dann die Briten in Jüchen residieren, gehören sie einfach zum Alltag hinzu. Man profitiert voneinander und lässt sich zumeist gegenseitig genügend Raum zum Leben. Hubert Knabben beteiligt sich mit Geschwistern und Bekannten ganz selbstverständlich an diversen Transaktionen, bei denen auch Zigaretten als die bis Juni 1948 wichtigste „Währung“ eine Rolle spielen. Obwohl Irmgard Coenen „das alles nicht passte“, sagt auch sie zu den manchmal angebotenen Schokoladenstücken durchaus nicht nein. – Eben ein wohl typisches Kinder- und Jugendleben unter Besatzung.
Die Stimmung in der unmittelbaren Nachkriegszeit, so Irmgard Coenen, sei „eigentlich nicht schlecht“ gewesen. Für sie und einige gleichaltrige Kinder gibt es jedoch bald einen Wermutstropfen: „Zu meinem Leidwesen hatte sich ein Lehrer aus Jüchen bereiterklärt, die Schüler, die Lust hätten, privat wieder zu unterrichten.“ Nur zu gern nimmt Irmgards Mutter dieses Angebot an, froh darüber, dass ihre Tochter von der Straße wegkommt und ihr nach langer Unterbrechung wieder Unterricht erteilt wird. Zehn bis 15 Kinder bzw. deren Eltern nehmen das großzügige Angebot war und werden nach den Wirren der Kriegsendphase über Geschlechter- und Konfessionsgrenzen hinweg wieder mit der Schule vertraut gemacht lange bevor diese im Herbst 1945 wieder offiziell ihre Pforten öffnen wird.