Das Problem älterer historischer Forschungen zur NS-Propaganda bestand zumeist darin, deren manipulatorische Wirksamkeit überzubetonen, was dazu beitrug, die deutsche Bevölkerung vorschnell als vom NS-Regime verführt oder gar als dessen Opfer erscheinen zu lassen.[1] Noch häufiger aber wurde - das gilt gerade mit Blick auf die großen Gesamtdarstellungen zur NS-Zeit - völlig darauf verzichtet, die Medien und ihre Wirkungsmacht überhaupt eigenständig zu thematisieren. Ob die Geschichte des Dritten Reichs von Wolfgang Benz oder Hans-Ulrich Wehlers „Deutsche Gesellschaftsgeschichte", ja selbst die dezidiert die „Verführung" im Titel führende und ein eigenes Kapitel über „Feier, Kult und Propaganda" beinhaltende Darstellung von Hans-Ulrich Thamer verzichten auf eine Auseinandersetzung mit der Medialität des NS-Regimes.
Erst seit etwa Mitte der 1990er Jahre wird differenzierter und kritischer hinterfragt, ob die NS-Propaganda tatsächlich derart effektiv war, wen sie tatsächlich erreichte und wie diese Rezipienten das Gelesene, Gehörte und Gesehene dann verarbeiteten. Dabei setzte sich dann zunehmend die - 1983 erstmals von Ian Kershaw geäußerte[2] - Annahme durch, dass die manipulative Macht von Medien und Propaganda seitens des Regimes bis dahin wohl überschätzt worden war - nicht zuletzt, weil die Forschung der Diskrepanz zwischen deren reinem Konsum und ihrer tatsächlichen Wirkung nicht genügend Beachtung geschenkt hatte.
Die NS-Propaganda, so eine neuere, mittlerweile weitgehend akzeptierte Forschungsmeinung, habe zwischen 1933 und 1945 im Gegensatz etwa zur Außen- oder Wirtschaftspolitik kein in sich geschlossenes Arbeitsgebiet dargestellt. Der Begriff „Propaganda“ bezeichne in diesem Kontext vielmehr „eine Art integrale Querschnittsaufgabe der nationalsozialistischen Herrschaftsordnung“.[3] Es wird nachdrücklich dafür plädiert, die Propagandabemühungen der NS-Zeit nicht isoliert zu sehen und zu beurteilen, da es ihnen nicht vorrangig oder gar allein darum gegangen sei, Menschen zu überzeugen, zu manipulieren und zu verführen, sondern dass die NS-Propaganda Teil eines geschlossenen Systems zur Kontrolle der Öffentlichkeit gewesen sei. „Und zu diesem System gehört zunächst die Repression bzw. die versteckte oder offene Androhung von Repression. Und es gehörte dazu eine sehr intensive Beobachtung, also die Bearbeitung und Betreuung der Bevölkerung durch die Parteiorganisationen. Durch dieses geschlossene System der Kontrolle der Öffentlichkeit sollten die Menschen dazu gebracht werden, sich in ihrem täglichen Verhalten an die Norm des Regimes anzupassen, und gerade diese Anpassung an die Norm des Regimes konnte dann die NS-Propaganda als Zustimmung der geschlossenen Volksgemeinschaft zur Politik des Regimes dokumentieren.“[4]
Im Folgenden gilt es – mit Fokussierung auf die Jahre 1933-1945 - zunächst einen Definitionsversuch von „Propaganda“ zu unternehmen, um dann danach zu fragen, ob und wie diese Beeinflussungsbemühungen des NS-Regimes von der Bevölkerung aufgenommen wurde.
[1] Vgl. - auch zum Folgenden - Zimmermann, Medien, S. 11f. und S. 15. Daniel Mühlenfeld bietet hierzu folgende Erklärung an: „Einerseits dauerte es mit Blick auf die vermeintlich offenkundigen Erfolge der NS-Propaganda bei der Aufrechterhaltung eines bis in die unmittelbare Kriegsendphase hinein tragenden Grundkonsenses länger, ehe sich die Einsicht in die empirische Unhaltbarkeit eines monodirektionalen Kommunikationsmodells nach dem Stimulus-Response-Prinzip auch innerhalb der Geschichtswissenschaft durchsetzte.“ Mühlenfeld, NS-Propaganda, S. 535f.
[2] Vgl. dazu Zimmermann, Medien, S. 21
[3] Mühlenfeld, NS-Propaganda, S. 527
[4] So Longerich, NS-Propaganda, S. 19f.
zuletzt bearbeitet am: 09.09.2016