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Jugend! Deutschland 1918-1945
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Die Geschichte von „Jugend“ folgt sicherlich allgemeinen Entwicklungen und „großen“ Linien. „Erfahrbar“ und nachvollziehbar wird sie aber zumeist erst am konkreten Beispiel eines Dorfes, einer Stadt oder einer Region, das quasi mikroskopische Einblicke in Prozesse gewährt, die dem Betrachter beim Blick auf das reichsweite „große Ganze“ verborgen bleiben müssten. In den hier versammelten Beiträgen werden daher die jeweiligen Bedingungen vor Ort in den Mittelpunkt gerückt, um so die „Potenziale lokal- und regionalgeschichtlicher Perspektiven“ für die jeweiligen Themenaspekte auszuloten.

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Menden

Menden zählte 1925 insgesamt 13.677 Einwohner, von denen 11.272 katholisch und 2.305 evangelisch waren, während 43 Menschen dem jüdischen Glauben angehörten. Bis 1933 war die Bevölkerung auf 15.072 Einwohner angewachsen (12.512 Katholiken, 2.480 Evangelische, 36 Juden), bis 1939 dann auf 17.180 (14.021 – 2.910 – 13).[1]

Das politische Leben in der Kleinstadt wurde während der gesamten Jahre der Weimarer Republik maßgeblich von der katholischen Zentrumspartei bestimmt.[2] Ihren höchsten Zuspruch erfuhr sie in den ersten Reichstagswahlen nach Kriegsende, als sie im Januar 1919 fast 69, im Juni 1920 dann über 64 Prozent erzielte. Bereits 1924 auf unter 58 Prozent der Wählerstimmen gesunken, bedeuteten die Reichstagswahl im Mai 1928 dann für das bis dahin in Menden so dominierende Zentrum einen zuvor unvorstellbare Schlappe, gaben doch „nur“ noch 3.340 und damit 51,6 Prozent der Wähler ihre Stimme für die katholische Partei ab. Danach erholte sie sich aber wieder und erzielte im Juli 1932 wieder 56,6 Prozent, um dann im November des Jahres auf 52,5 Prozent zurückzufallen. Bei den letzten halbwegs freien Reichstagswahlen am 5. März 1933 konnte die Partei ihren Stimmanteil in Menden dann sogar nochmals auf 53,4 Prozent und damit eine klare absolute Mehrheit steigern.

Zum zunächst größten politischen Gegner des Zentrums bei den Reichstagswahlen entwickelte sich in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre die Sozialdemokratie, die 1928 in Menden immerhin 21,5 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen konnte, um dann im Zuge der Wirtschaftskrise über 8,4 und 7,8 Prozent im Juli bzw. November 1932 auf schließlich 7,5 Prozent im März 1933 zurückzugehen. Im gleichen Zeitraum gewann die KPD, die 1924 lediglich 3,9 Prozent erzielt hatte, deutlich auf zunächst 13, 5 Prozent im Juli und dann 16,5 Prozent im November 1932 hinzu. Am 5. März 1933, als die Partei nach dem Reichstagsbrand längst reichsweit verboten und ihre Mitglieder massiv verfolgt wurden, gewann sie in Menden immerhin noch 8,6 Prozent. Zu diesem Zeitpunkt waren die Nationalsozialisten mit deutlichem Abstand hinter dem Zentrum längst zur zweitstärksten politischen Kraft in Menden avanciert. Nachdem ihr Ergebnis 1928 noch bei 1,7 Prozent gelegen hatte, erreichte die NSDAP vier Jahre später in beiden Wahlen des Jahres 1932 jeweils 16,4 Prozent, um im März 1933 trotz aller massiven Propagandabemühungen bei 22,8 Prozent zu verharren.

Anders als bei den Reichstagswahlen, in deren Rahmen die bekannten Parteien stets reichsweit antraten, stellte sich die Lage bei den Kommunalwahlen dar. In Menden erfuhr das Zentrum hierbei im November 1929 mehr als einen Dämpfer, als die Partei bei den Wahlen zum Stadtrat lediglich auf 38 Prozent der Stimmen und elf Sitze kam, während auch SPD und Gewerkschaftsring jeweils nur ein Mandat, die KPD gar keins errangen. Zum großen Wahlsieger schwang sich hingegen mit 31,6 Prozent die „Parteilose Liste“ auf, in der sich der in den Jahren zuvor zersplitterte protestantische Bürgerblock und ehemalige bürgerlich-mittelständische Zentrumswähler zu einem kommunalen Bündnis zusammentaten, um die Vorherrschaft des Zentrums zu brechen. Fortan standen sich diese beiden Blöcke bei kommunalpolitischen Fragen als Blöcke gegenüber. Es war auch diese Wahl, in der es in Menden mit dem örtlichen Unternehmer Wilhelm Pferdekämper dem ersten Nationalsozialisten der Einzug ins Stadtparlament gelang.

Insgesamt kommt die bislang für Menden vorliegende historische Forschung hinsichtlich der Wählerbewegungen in der Endphase der Weimarer Republik zu dem Ergebnis, dass die erheblichen Stimmengewinne der Mendener NSDAP, die zuvor seit 1923 sieben Jahre lang kaum Resonanz in der kleinstädtischen Bevölkerung gefunden hatte, seit 1930 nicht vorwiegend aus der arbeitslosen Arbeitnehmerschaft kamen. Vielmehr gaben in mindestens ebenso hohem, wenn nicht höherem Maße die großbürgerlichen und mittelständischen Kreisen der Industriellen und Angestellten, der Handwerker und Ladeninhaber oder der Lehrerschaft, die ihre Existenzgrundlagen durch die Wirtschaftskrise bedroht sahen, in Menden ihre Stimme der NSDAP.

Fußnoten

[1] Zahlen nach www.verwaltungsgeschichte.de

[2] Vgl. auch zum Folgenden Anton Schulte: Menden im 19. und 20. Jahrhundert. Bürger und Parteien, Rat und Verwaltung im Wandel der politischen Verhältnisse, Menden 1989, S. 71ff.

zuletzt bearbeitet am: 11.01.2017