geb. in Brühl 1924
Günther Roos wird am 4. Juni 1924 als zweites Kind der Eheleute Anton und Elisabeth Roos in der rheinischen Kleinstadt Brühl geboren. Seine Kindheit verbringt er im Kreis einer Großfamilie, bestehend aus zahlreichen Onkeln und Tanten, Vettern und Cousinen, mit denen er dauerhaft in Kontakt steht. Der unstete Charakter seines Vaters und die damit verbundenen oft wechselnden Lohnverhältnisse sowie Zeiten der Arbeitslosigkeit sorgen dafür, dass sich die Familie trotz ursprünglich erheblicher finanzieller Mittel zumeist in einer unsicheren wirtschaftlichen Lage befindet.
1930 wird Günther Roos in der katholischen Franziskusschule in Brühl eingeschult und ist einer der wenigen Schüler, die 1935 auf das Brühler Gymnasium wechseln. Das erfährt während der NS-Zeit eine massive Umstrukturierung und Neuausrichtung im Sinne der NS-Ideologie und nimmt somit in weltanschaulicher Hinsicht großen Einfluss auf den jungen Günther.
Bereits früh zeigt der sich von der öffentlichen Präsenz des Deutschen Jungvolks stark beeindruckt und nimmt seit März 1933 regelmäßig an dessen Heimabenden und Aktivitäten teil. Der Aufstieg in der Hierarchie des Jungvolks ist für Günther 1938 dann der einzige Weg, um der mit 14 Jahren anstehenden Überweisung in die ungeliebte HJ zu entgehen. Stattdessen beginnt er im Jungvolk einen rasanten Aufstieg und steigt schließlich bis zum Jungstammführer auf. Außerdem übernimmt Günther Aufgaben im HJ-Streifendienst und wird dabei zum „V-Mann“ des Sicherheitsdienstes der SS, für den er sich als Denunziant betätigt. Günthers Denken und Handeln ist zu dieser Zeit von einem ausgeprägten Machtstreben bestimmt. Er geht vollkommen in der NS-Ideologie auf und durchläuft – nahezu beispielhaft - alle wichtigen Abschnitte und Institutionen, die für einen Jungen seines Alters vom NS-Regime vorgesehen sind.
Als er nach dem Reichsarbeitsdienst im Oktober 1942 zur Wehrmacht einberufen wird, geht für Günther schließlich ein Traum in Erfüllung. Auch hier zeigt er Aufstiegsambitionen und schlägt die Offizierslaufbahn ein. Bis zum Kriegsende wird Günther sowohl an der Ostfront, im Rahmen der Ardennenoffensive sowie bei der Verteidigung der Stadt Köln eingesetzt, bis er schließlich im „Ruhrkessel“ gefangen genommen wird. Die Kriegszeit besteht er, abgesehen von einigen leichteren Verletzungen, unbeschadet und auch die sich anschließende Kriegsgefangenschaft in den „Rheinwiesenlagern“ sowie in Attichy in Frankreich ist für ihn bereits nach wenigen Monaten beendet.
Günther Roos benötigt eine lange Zeit, um sich in der Nachkriegszeit an das Leben eines Zivilisten zu gewöhnen und seine durch und durch nationalsozialistische Weltanschauung schrittweise zu verändern. Durch die Bearbeitung und Transkription seiner zahlreichen Tagebücher erreicht er Ende der 1980er Jahre schließlich einen überaus ehrlichen und ungeschönten Umgang mit seiner eigenen Vergangenheit und unterzieht seine eigene Verstrickung ins NS-Regime einer kritischen und ehrlichen Reflexion.
Günther Roos ist am 27. November 2013 gestorben.
zuletzt bearbeitet am: 12.09.2016