geb. in Essen 1929
Harry Müller wird am 18. Mai 1929 geboren und wächst in Essen-Rüttenscheidt mit seinem fünf Jahre älteren Bruder Karl-Heinz bei seiner Mutter auf. Die drei leben, da der Vater die Familie früh verlassen hat, in ärmlichen Verhältnissen, denn die Arbeit der Mutter bringt nur so viel ein, dass es gerade zum Überleben reicht.
Im Kindergarten und in der Schule stellt sich schnell heraus, dass Harry ein ruhiger Junge ist, der lieber liest als mit anderen Kindern zu spielen. Erst durch seine Zeit im Jungvolk entwickelt er sich zu einem aktiveren und selbstbewussteren Jugendlichen.
Weder Religion noch Politik spielen für Harry in seiner Jugend eine Rolle. Er wird unter den Bedingungen des NS-Regimes und seiner Ideologie auf und hat die Weimarer Demokratie nicht mehr bewusst erlebt. Die politische Indoktrination nimmt er daher nicht bewusst wahr, weder in der Schule noch in Jungvolk oder HJ.
Während der Bombenangriffe auf Essen beginnt der Junge die tödlichen Dimensionen des Krieges kennenzulernen. Seine Mutter möchte ihrem Sohn die Strapazen der ständigen Alarme und Stunden im Bunker ersparen und meldet ihn deshalb zur Kinderlandverschickung an.
So kommt Harry 1942 nach Königinhof an der Elbe in ein KLV-Lager, an das er sich noch heute gerne zurück erinnert. Nicht nur die Schule, wo er sich bald zu einem der Klassenbesten entwickelt, sondern auch das Freizeitprogramm des Lagers bereiten ihm großen Spaß.
Zurück in Essen erlebt er den Großangriff vom März 1943, sieht, da niemand aus Familie oder Freundeskreis unter den Opfern ist, dieses furchtbare Erlebnis aber eher als Abenteuer an. Im Notdienst, den er zusammen mit seinen Jungvolkkameraden leistet, findet der Junge zudem eine Aufgabe, die ihn sowohl von der Bedrohlichkeit der Situation ablenkt als ihm auch Gelegenheit gibt, sich als nützlich und wichtig zu erweisen.
Obwohl Anfang 1945 längst klar ist, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen ist, wird auch der noch fünfzehnjährige Harry wie viele andere Gleichaltrige noch im Frühjahr zum Wehrdienst eingezogen. Doch anstatt die jungen Soldaten wie befohlen zum „Endkampf" nach Berlin zu führen, bringen die verantwortlichen Offiziere sie nach Dänemark in Sicherheit, sodass Harry im Juni unversehrt nach Essen zurückkehren kann.
Zunächst fällt es ihm dort schwer, den Untergang des NS-Regimes zu realisieren und die Alliierten als Besatzungsmacht im eigenen Land zu akzeptieren. Doch je mehr sie darüber erfahren, wird ihm und seinen Freunden der verbrecherische Charakter des Nationalsozialismus allmählich schmerzlich bewusst.
zuletzt bearbeitet am: 21.04.2016