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Jugend! Deutschland 1918-1945
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Jugendgruppen

Die 1920er Jahre waren ein Jahrzehnt aufstrebender Jugendgruppen und von deren Organisationen. Ob konfessionell, politisch oder bündisch orientierte Gruppen: sie nahmen erheblich an Größe zu, gewannen deutlich an Selbstvertrauen und traten mit Beginn der 1930er Jahre zunehmend formiert und uniformiert auf. Nach 1933 beanspruchte dann die Hitlerjugend den Alleinvertretungsanspruch für den Jugendbereich, während alle anderen Gruppierungen nach und nach verboten wurden. Das rief schließlich – und besonders im Krieg - die Gruppen unangepasster Jugendlicher auf den Plan.

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Unangepasste Jugend - „Einst wird kommen der Tag, dann ist’s soweit: Wir wieder frei, unsere Ketten entzwei, wo wir wieder auf Walz, ohne Geh. Stapo. auf’m Hals.“

Unangepasstes Jugendverhalten in losen, rein informellen Gruppen ist ein Phänomen, das zwischen 1933 und 1945 insbesondere in den Großstädten in Erscheinung trat. [1] Überall im Deutschen Reich schlossen sich Jugendliche beiderlei Geschlechts zusammen: Die „Meuten" in Leipzig, die Münchener „Blasen", die „Schlurfs" in Wien oder die „Swing-Jugend" in norddeutschen Großstädten. Bei allen oft sehr ausgeprägten Unterschieden hatten all diese lockeren Zusammenschlüsse eins gemein: Sie vereinte die Ablehnung des militärischen Drills und der Gleichschaltung in der Hitler-Jugend und das Streben nach einer selbstbestimmten Freizeit.

Die Gruppen in den rheinisch-westfälischen Großstädten nannten sich „Navajos", „Fahrtenstenze" oder „Kittelbachpiraten". Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden solche Jugendliche dann zumindest im Sprachgebrauch von Gestapo, Reichsjugendführung und anderen Überwachungsinstanzen immer häufiger und undifferenzierter als „Edelweißpiraten". bezeichnet. Wanderkluft und Abzeichen - wie eben jenes namensgebende und damals allgemein ungeheuer beliebte Edelweiß - am Revers dienten als Erkennungszeichen und zugleich als deutliche Abgrenzung von der uniformierten Hitler-Jugend. Die Jugendlichen stammten überwiegend aus Arbeiterfamilien und waren vielfach bereits in der Ausbildung.

Nach Feierabend und vor allem an den Wochenenden entflohen die Jugendlichen dem tristen Alltag in engen Wohnungen und schmutzigen Betrieben. Sie trafen sich in Parks, auf der Kirmes oder während des Krieges zunehmend an öffentlichen Bunkern. Sie verbrachten ihre Freizeit dort, sangen und trafen Freunde und Bekannte. Einige Gruppen beschränkten sich auf die Treffen in der Stadt. Andere Jugendliche nutzten dagegen Wochenenden, Feiertage und ihre wenigen Urlaubstage zu Wanderungen in die Umgebung der Städte oder zu so genannten „Großfahrten" - mehrtägige Radtouren oder Tramp- bzw. Bahnfahrten in entfernte Gebiete des Deutschen Reiches oder in das benachbarte Ausland.

Das gemeinsame Singen und Musizieren spielte in allen Gruppen eine wichtige Rolle, und „Klampfen" fehlten bei kaum einem Treffen. Die Jugendlichen sangen die damals gängigen und bekannten Fahrten- und Wanderlieder, die vielfach aus der bündischen Jugend vor 1933 stammten und von ihnen oft umgedichtet wurden. Auch HJ-Lieder zählten viele Gruppen in eigenen „Versionen" zu ihrem Repertoire und veralberten so die Hitler-Jugend und den HJ-Streifendienst.

Zwischen der Hitler-Jugend mit ihrem Anspruch als Alleinvertreterin der deutschen Jugend und der „wilden Jugend" kam es immer wieder zu Reiberein und handfesten Auseinandersetzungen. Insbesondere der HJ-Streifendienst hatte es auf die Gruppen in den Parks, auf den öffentlichen Plätzen und an beliebten Wander- und Ausflugszielen abgesehen. Oft ergingen anschließend Meldungen an die Geheime Staatspolizei, die unter dem Vorwurf der „bündischen Umtriebe" dann Ermittlungen aufnahm. Dabei legten die Überwachungs- und Verfolgungsorgane stets großes - und zumeist vergebliches - Bemühen an den Tag, den heterogenen Jugendgruppen nachzuweisen, dass sie versuchen würden, die „Bündische Jugend" der 1920er Jahre weiterzuführen oder neu beleben zu wollen.

Fußnoten

[1]  Zitat aus einem Flugblatt, dass 1942/43 bei jugendlichen  „Edelweißpiraten" in Wuppertal beschlagnahmt wurde. Aus: LAV NRW, Abt. Rheinland, RW 58, 3693.

zuletzt bearbeitet am: 18.04.2016