Die 1920er Jahre waren ein Jahrzehnt aufstrebender Jugendgruppen und von deren Organisationen. Ob konfessionell, politisch oder bündisch orientierte Gruppen: sie nahmen erheblich an Größe zu, gewannen deutlich an Selbstvertrauen und traten mit Beginn der 1930er Jahre zunehmend formiert und uniformiert auf. Nach 1933 beanspruchte dann die Hitlerjugend den Alleinvertretungsanspruch für den Jugendbereich, während alle anderen Gruppierungen nach und nach verboten wurden. Das rief schließlich – und besonders im Krieg - die Gruppen unangepasster Jugendlicher auf den Plan.
Der Nürnberger CVJM-Sekretär Gustav Kertz gründete im Jahr 1909 nach einer Englandreise, auf der er die dortige Pfadfinderarbeit kennengelernt hatte, eine erste Pfadfinderabteilung im dortigen CVJM. Auch Johannes Knehr aus Stuttgart wurde zu einem der Vorreiter dieser Idee, die Kertz 1912 so umriss: „Pfadfinder sein heißt, den Pfad finden durch alle Wirrnisse des Lebens hindurch bis ans einzige Ziel. Im christlichen Glaubensgrund liegen die Wurzeln unserer Kraft." Beide, Kertz und Knehr, versuchten fortan, pfadfinderische Formen in der evangelischen Jugend zu etablieren.[1]
Der Pfadfindergedanke wurde im Rahmen des CVJM durchaus wohlwollend aufgenommen, womit man dem Anliegen der Jugend, sich mehr im Freien zu bewegen, entgegenkommen wollte. Allerdings erwies sich die Arbeit der Christlichen Pfadfinder langfristig als zu eigenständig, um dauerhaft ein Teil des Jungmännerwerks zu bleiben. Vor dem Ersten Weltkrieg zählten die Christlichen Pfadfinder bereits rund 10.000 Mitglieder, wobei die meisten Gruppen aus Württemberg, Sachsen und Franken kamen und sich vorwiegend aus bürgerlich-mittelständischen Kreisen rekrutierten.
Mit dem Deutschen Pfadfinderbund (DPB) war man sich in praktischen Fragen einig, in der christlichen Erziehung der CP lag jedoch ein wesentlicher Unterschied. Zudem war der DPB deutlich militaristischer als die Christliche Pfadfinderschaft. 1921 gründete sich der Zusammenschluss „Christliche Pfadfinderschaft Deutschlands (CPD)", an deren Spitze der Leiter des evangelischen Jugendwerkes, Erich Stange, stand. Die „Christliche Pfadfinderschaft West" wiederum war dem Westbund angegliedert.
In Ausnahmefällen hatten die Bundesführer der Pfadfinder auch die Möglichkeit, Gruppen in die Christliche Pfadfinderschaft aufzunehmen, die nicht an einen CVJM-Verein gebunden waren. Da von dieser Möglichkeit mehr und mehr Gebrauch gemacht wurde, war die Bindung der CP an den CVJM faktisch weit lockerer als ursprünglich geplant. Schon nach zweijähriger Existenz der Christlichen Pfadfinderschaft Deutschlands bestand ein Drittel der CP-West aus freien Gruppen. Stange blieb zwar offiziell Reichsführer der CPD, trat aber als solcher nur sehr selten in Erscheinung. Reichspfadfinder Friedrich Duensing, der 1925 seinen Dienst antrat, verstärkte die Unabhängigkeit der Pfadfinder gegenüber dem Jungmännerwerk weiter.
Aber auch unterschiedliche Zielsetzungen führten zu Konflikten mit dem Jungmännerwerk. Hierzu ein Beispiel: Einige CVJM-Vereine versuchten, ihre Jungvolkarbeit, die sich erst seit Ende der 1920er Jahre etablierte, ähnlich wie jene der Pfadfinderschaft zu gestalten, wovon die sich wiederum wenig begeistert zeigten. Friedrich Duensing etwa äußert seine Kritik 1929 so: „Sachlich begrüßen wir das, denn es bedeutet die Anerkennung von Grundsätzen, die wir seit Jahren vertreten. Taktisch hätten wir den Wunsch gehabt, dass darauf Rücksicht genommen worden wäre, dass die Christliche Pfadfinderschaft in weiten Gebieten stark mit der Jungvolkfrage berührt wird, und man vor der öffentlichen Proklamierung mit uns Fühlung genommen hätte. Wir hätten uns auch gefreut, wenn man bei dieser Gelegenheit einmal ein Wort der Anerkennung für unsere Arbeit innerhalb des Reichsverbandes gesagt hätte, deren Erträge auch dem Jungvolk zugute kommen werden."
Organisation und Inhalt der CVJM-Jungvolkarbeit verstärkte die Spannungen weiter, was 1931 letztlich in einer neuen Reichsverfassung der Christlichen Pfadfinder mündete. Daraufhin trennte sich der Westbund von den CP-West, wobei dieser Schritt damit begründet wurde, die Christlichen Pfadfinder hätten dadurch den gesamten Westbund auf eine Zerreißprobe gestellt. Die Pfadfinder seien eine finanzielle Belastung, betrachteten die Vereinsarbeit des Jungmännerwerks herablassend und griffen das Werk sogar zum Teil an. - Parallelen zur kritischen Sicht der DPSG unter dem organisatorischen Dach des Katholischen Jungmännervereins drängen sich hier durchaus auf.
[1] Vgl. hierzu und zum Folgenden Kahl.