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Jugendgruppen

Die 1920er Jahre waren ein Jahrzehnt aufstrebender Jugendgruppen und von deren Organisationen. Ob konfessionell, politisch oder bündisch orientierte Gruppen: sie nahmen erheblich an Größe zu, gewannen deutlich an Selbstvertrauen und traten mit Beginn der 1930er Jahre zunehmend formiert und uniformiert auf. Nach 1933 beanspruchte dann die Hitlerjugend den Alleinvertretungsanspruch für den Jugendbereich, während alle anderen Gruppierungen nach und nach verboten wurden. Das rief schließlich – und besonders im Krieg - die Gruppen unangepasster Jugendlicher auf den Plan.

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Christlicher Verein junger Männer (CVJM) - „Das Reich Gottes, Bürgerrecht in ihm und das Zeugnis für seine Wahrheit und Herrlichkeit“

Seit Beginn des 19. Jahrhunderts wurden immer mehr Jünglingsvereine gegründet, die sich in der Regel dadurch konstituierten, dass sich wandernde Handwerksgenossen zusammenschlossen. Zunächst bestand nur ein lockerer Zusammenhang zwischen den einzelnen Vereinen, die sich dann Mitte des 19. Jahrhunderts zum Westdeutschen Jungmännerbund, kurz Westbund genannt, zusammenschlossen.[1] Der Bund verstand sich als ein Werk christlicher Jungmännermission.[2] Im Laufe der Zeit entwickelte sich der CVJM-Westbund mehr und mehr zu einem umfassenden Verband, der von der Kirche weitgehend unabhängig war und große regionale Unterschiede aufwies. Attraktiv waren die Jungmännervereine vor allem deshalb, weil sie den Jugendlichen, anders als das in den Pfarrgemeinden geschah, eine große Kontinuität boten. Beschränkte sich die Jugendarbeit in den Gemeinden in aller Regel auf die Zeit vor und unmittelbar nach der Konfirmation, so präsentierte sich der CVJM den jungen Männern als eine Art verbindliche Lebensgemeinschaft.

Anfang des 20. Jahrhunderts bildete sich im CVJM schließlich eine Organisationsstruktur heraus, an deren Spitze die Bundesleitung mit Präses und Bundeswart stand. Die Tätigkeitsfelder der Jungmännervereine weiteten sich im Laufe der Jahre zunehmend aus, wobei insbesondere der Integration auch jüngerer Altersgruppen ein wachsender Stellenwert beigemessen wurde. Gerade die großstädtischen CVJM-Vereine entwickelten dabei eine eigene, den Gegebenheiten angepasste Arbeitsweise, indem sie übergemeindlich agierten und ihre Bindung an den Protestantismus betonten. Ihre Zielgruppe waren vor allem junge Männer, die auf Arbeitssuche in die Städte kamen. Sie sollten unterstützt und aufgenommen werden.[3]

Auch nach dem Ersten Weltkrieg wuchs der Westbund weiter. Bis 1929 war Paul Humburg Bundeswart des Westbundes, sein Nachfolger wurde Pastor Eduard Juhl, der das Amt bis 1934 innehatte. In der Krise der Weimarer Zeit versuchten die CVJM-Vereine, den Jugendlichen Halt und Lebensmut zu vermitteln. Sie organisierten Arbeitslosenfreizeiten und Umschulungskurse sowie Volkshochschularbeit, um Jugendliche und junge Männer zu unterstützen. Auch die Arbeit des Freiwilligen Arbeitsdienstes (FAD) wurde unterstützt. So organisierte der Evangelische Jungmännerverband im Winter 1932/33 rund 200 FAD-Lager, in denen arbeitslose evangelische Jugendliche unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu Gruppen, Parteien oder Bünden beschäftigt wurden.

Zeitgleich gingen seit Ende der 1920er Jahre die Mitgliederzahlen im CVJM zurück, worauf der Verband mit einer eindringlichen Werbephase für die Jungenkreise reagierte. Eines der herausragenden Beispiele für diese Bemühungen zur Rekrutierung neuer Mitgliederschichten ist die Werbe-Broschüre „Junge - Junge!" aus dem Jahr 1930. Diese „Mobilmachung" missfiel allerdings vielen der älteren Mitglieder und löste in den Vereinen und Gruppen ein Rumoren aus, das sich gegen den eingeschlagenen „neuen Weg" richtete. Der Erfolg gab den Verantwortlichen allerdings bald Recht: Die Werbung in der Gruppe der 14- bis 18-Jährigen zeigte Wirkung und immer häufiger konnte man auf Straßen und Wanderwegen Jugendlichen mit dem olivfarbenen CVJM-Fahrtenhemd mit fliederfarbenem Halstuch begegnen, denn neben dem Heimabend mit Bibelarbeit und Tatkunde fanden Wanderfahrten und Zeltlager Aufnahme in das zunehmend „bündische" Programm der CVJM-Jungvolkarbeit.

Die CVJM-Vereine hatten bei all dem immer eine sehr nationale Ausrichtung, verstanden sich aber zugleich als explizit unpolitisch. „Das Reich Gottes, Bürgerrecht in ihm und das Zeugnis für seine Wahrheit und Herrlichkeit", war das erklärte Ziel in den Zwischenkriegsjahren.[4] Den Nationalsozialisten standen viele CVJM Vereine und Mitglieder zunächst zum Teil überaus positiv gegenüber. Nach der Machtübernahme wurden die Arbeitsmöglichkeiten aber schnell deutlich eingeschränkt - die Jugendarbeit für die unter 18Jährigen fiel offiziell weg -, der CVJM konnte aber fortbestehen. Auch der Westbund zeigte sich bereit, im neuen Staat mitzuarbeiten und sich seinen Platz darin zu suchen, da man zunächst davon überzeugt war, eigene Ziele mit jenen der NS-Bewegung in Übereinstimmung bringen zu können. Man sollte nur zu bald eines Besseren belehrt werden.[5]

Fußnoten

[1] Vgl. Meiners, S. 11
[2] Vgl. Stursberg, S. 1
[3] Vgl. Meiners, S. 11ff.
[4] Vgl. Stursberg, S. 11ff.
[5] Vgl. Meiners, S. 15 sowie Meiners, 150 Jahre, S. 21