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Jugend! Deutschland 1918-1945
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Jugendgruppen

Die 1920er Jahre waren ein Jahrzehnt aufstrebender Jugendgruppen und von deren Organisationen. Ob konfessionell, politisch oder bündisch orientierte Gruppen: sie nahmen erheblich an Größe zu, gewannen deutlich an Selbstvertrauen und traten mit Beginn der 1930er Jahre zunehmend formiert und uniformiert auf. Nach 1933 beanspruchte dann die Hitlerjugend den Alleinvertretungsanspruch für den Jugendbereich, während alle anderen Gruppierungen nach und nach verboten wurden. Das rief schließlich – und besonders im Krieg - die Gruppen unangepasster Jugendlicher auf den Plan.

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„Ein klares Bild seines Volkes und der politischen und weltanschaulichen Ziele des Nationalsozialismus“ – Die Heimabende der HJ

Jeden Mittwoch trafen sich die die unteren HJ-Einheiten zum Heimabend (bei den Jüngeren zum Heimnachmittag). Wo ein HJ-Heim vorhanden war, fanden die Treffen dort statt, wo es ein solches nicht gab, und das war bei den meisten Einheiten der Fall, traf man sich in Kellerräumen, in Schulen, Gastwirtschaften oder wo man sonst einen Raum hatte bekommen können. Hier wurden neue Lieder gelernt, es wurden Fahrten und Veranstaltungen organisiert, vorgelesen, gebastelt und gewerkt, die theoretischen Grundlagen für den „Geländedienst" erarbeitet und die neuen Themen der weltanschaulichen Schulung durchgenommen.

Als Ziel des Heimabends galt im BDM die „Erziehung der Mädel zum Nationalsozialismus, d.h. zur Deutschheit, zur Volksgemeinschaft, zu Wahrerinnen deutschen Blutes, deutscher Kultur, deutscher Art und Sitte, zu körperlicher und seelischer Gesundheit und Gradheit."[1] Im Jungvolk ging es vor allem darum, den Jungen „lebende Männer, Helden und heldische Taten" vor Augen zu führen, an denen sie sich „begeistern und entzünden" konnten, um sie so zu „Treue und Disziplin" zu erziehen.[2] Darauf aufbauend sollte in der HJ „ein klares Bild [ihres] Volkes und der politischen und weltanschaulichen Ziele des Nationalsozialismus" vermittelt werden.[3]

Zur Kontrolle ihrer Arbeit mussten die Einheiten „Heimbücher" (ab 1938 „Dienstbücher") führen, in denen sie sämtliche Heimabende, Fahrten und sonstigen Erlebnisse verzeichneten. Diese Bücher wurden von den Bannführern bzw. Untergauführerinnen auf ihren Dienstfahrten stichprobenartig kontrolliert - das Vertrauen in die ordnungsgemäße Durchführung des Dienstes war also begrenzt. Es hielten sich auch in der Tat längst nicht alle Führerinnen und Führer streng an die bürokratischen Vorgaben, auch wenn die Grundzüge des Dienstes durchaus in einem breiten Maße vermittelt wurden.

Heimabende hatten bereits zum Repertoire der Jugendarbeit in den Bünden vor 1933 gehört, doch nun wurde die Arbeit im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie ausgerichtet und inhaltlich zentral von der Reichsjugendführung vorgegeben. Dazu gab das Amt für weltanschauliche Schulung neben Führerschulungsbriefen ab 1934 Heimabendmappen heraus[4]: Die Jungenschaft (DJ), Die Kameradschaft (HJ), Die Jungmädelschaft (DJ) und Die Mädelschaft (BDM). Hier wurde genau umrissen, welche Themen auf den Heimabenden behandelt werden sollten. Die Mappen trugen Titel wie  „Der Weg nach Osten", „Die Reinerhaltung des Blutes", „Brandstifter Jude", „Auf den Bauern steht die Nation", „Deutschland ist größer" und „Kampf dem Weltfeind Bolschewismus". Es wurden also die zentralen Punkte der nationalsozialistischen Ideologie behandelt. Passend zu den jeweiligen Themen sollten Lieder eingeübt werden, um die besprochenen Inhalte schlagwortartig zu verfestigen.

Zur Unterstützung wurde ebenfalls ab 1934 zusätzlich eine Heimabendsendung über den Rundfunk ausgestrahlt, die „Stunde der jungen Nation". Sie wurde von der Abteilung Rundfunk in der Reichsjugendführung gestaltet mit dem Ziel, eine Vereinheitlichung bei der Schulung zu erreichen. In der Praxis ging das Konzept allerdings nicht auf, denn erstens gab es zu wenige Rundfunkgeräte, zweitens war der Empfang häufig schlecht und drittens fehlte vielfach das Interesse an den Sendungen, weil viele Einheiten in den ersten Jahren der NS-Zeit lieber selbst bestimmen wollten, was sie an ihren Heimabenden unternahmen.

So bezogen sie auch vielfach die Heimabendmappen nicht, zumal sie in der Regel nicht über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügten. Eine größere Verbreitung fanden die Materialen daher erst um die Jahreswende 1935/36, als sie kostenlos angeboten wurden. Von einer einheitlichen Schulung kann man also frühestens ab diesem Zeitpunkt sprechen, doch auch dann war es vor Ort noch höchst unterschiedlich, in welcher Weise die Themen bei den Heimabenden berücksichtigt wurden und was davon bei den Jugendlichen ankam. Didaktisch geschickten Führerinnen und Führern gelang es, die Jugendlichen zu begeistern, während andere die Stoffe nur monoton und entsprechend wirkungslos vermittelten.[5] In der Erinnerung der ehemaligen BDM-Führerin Melitta Maschmann waren die Heimabende „zu denen man sich in einem dunklen und schmutzigen Keller traf, von einer fatalen Inhaltslosigkeit. Die Zeit wurde mit dem Einkassieren der Beiträge, mit dem Führen unzähliger Listen und dem Einpauken von Liedertexten totgeschlagen, über deren sprachliche Dürftigkeit ich trotz redlicher Mühe nicht hinwegsehen konnte. Aussprachen über politische Texte - etwas aus ‚Mein Kampf' - endeten schnell in einem allgemeinen Verstummen."[6]

Ab 1937 erfolgte die Schulung nach einem festen Jahrgangsschulungsplan, der nach der Einführung des jahrgangsweisen Aufbaus der HJ 1936 den zentralen Schulungsstoff für die einzelnen Jahrgänge vorschrieb.

Diese Systematik wurde mit Kriegsbeginn jedoch schon wieder unterbrochen. Die Gestaltung der Heimabende orientierte sich nun am Kriegsverlauf. Dazu erschienen in den Anordnungen für die Führerinnen und Führer die Themen für die wöchentlichen Heimabende mit entsprechenden Literaturangaben. Zusätzlich wurde bis 1941 von der RJF der „Schulungsdienst der Hitler-Jugend" herausgegeben (nach 1941 erschienen solche Hefte nur noch für den Aufbau der HJ in den besetzten und eingegliederten Gebieten).

Hier wurde beispielsweise im ersten Heft von September 1939 England als Kriegstreiber angeprangert und der Angriff auf Polen als angeblicher Verteidigungsfall gedeutet: „Jugend Adolf Hitlers! Weil England das Lebensrecht des deutschen Volkes bestreitet, hat England uns den Krieg erklärt. [...] Krieg, weil England das Schicksal durch polnische Verbrecher gefolterter und grausam gemordeter deutscher Jungen und Mädel, Männer und Frauen gleichgültig war. Krieg, weil England uns hasst!"[7]

Bis 1942 fanden die Heimabende wöchentlich statt, danach wurden sie mehr und mehr reduziert, erst auf zwei, später nur noch auf einen monatlichen Pflichtheimabend. Die übrige Dienstzeit war den verschiedenen Kriegseinsätzen vorbehalten wie Nachbarschaftshilfe, Lazarettbetreuung und Werkarbeiten für das WHW. Dadurch verlor der Dienst noch mehr an Attraktivität, weil viele HJ-Führer sich freiwillig gemeldet hatten und zur Wehrmacht eingezogen waren.

Fußnoten

[1] Mädel im Dienst, 1934, S. 198
[2] Schulungsdienst der Hitler-Jugend, F. 1, September 1939, S. 5
[3] Ebd., S. 6
[4] Erste Heimabendmaterialien hatte die Abteilung Schulung, Presse, Propaganda der Reichsjugendführung bereits 1933 herausgegeben, allerdings noch nicht differenziert nach den vier HJ-Gliederungen.
[5] Vgl. Pahmeyer/van Spankeren, Die Hitlerjugend in Lippe (1933-1939), S. 152-163
[6] Maschmann#, zitiert nach Steinacker S. 527ff.
[7] Schulungsdienst der Hitler-Jugend, F. 1, September 1939, S. 2