geb. in Bochum 1931
Arno Klönne, geboren am 4. Mai 1931, wächst im Ruhrgebiet auf. Seine Familie ist im katholischen Milieu Bochums tief verwurzelt. Die Eltern sind Anhänger der Zentrumspartei, tendieren politisch allerdings zu moderat-sozialistischen Positionen. Durch die Bücherei, in der seine Mutter arbeitet, kommt Arno früh in Kontakt mit Schriften der bündischen und katholischen Jugendbewegung und ist von ihnen fasziniert. In einem Kreis katholischer Jugendlicher findet er Gleichgesinnte, die wie er davon träumen, sich nicht den Verboten des NS-Staates unterordnen zu müssen und ein freies, jugendbewegtes Leben führen zu können. Vor diesem Hintergrund kann ihn die Ideologievermittlung der NS-Jugendorganisationen nicht erreichen.
Nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs zieht die Familie in das Umland von Paderborn. Wieder sucht und schließt Arno viele Kontakte zu Kreisen katholischer Jugendlicher. Jungvolk und Hitlerjugend erlebt er hingegen nur sporadisch. 1941 muss er im Rahmen der Jugenddienstpflicht zwar Mitglied im Jungvolk werden, doch die Organisation ist in dem Dorf, in dem er nun wohnt, kaum verankert. Bis auf gelegentliche Appelle findet kein Dienst statt.
Nur in der Schule wird Arno mit nationalsozialistischer Lehre konfrontiert. Aber auch hier trifft er Lehrer, die eher traditionell deutschnational oder katholisch-konservativ orientiert sind. Auf diese Weise kommt der Heranwachsende überraschend selten mit der politischen Indoktrination oder Erziehung des NS-Staats in unmittelbare Berührung.
Den Zusammenbruch des Nationalsozialismus erlebt Arno, anders als viele andere Angehörige seiner Generation, als Akt der Befreiung. Nun kann er endlich ausleben, was er bisher nur im Verborgenen verfolgen konnte: Mit Gleichgesinnten auf Fahrt gehen, bündische Lieder singen und eine freie Jugendgruppe bilden.
Nach dem Abitur beginnt Arno Klönne ein Studium der Geschichte, Soziologie und Politik in Marburg. Gleichzeitig engagiert er sich in jugendbewegten Gesprächskreisen, die sich mit der Aufarbeitung der Geschichte von Jugendbewegung und Hitlerjugend befassen.
Bald bekommt er auch Gelegenheit, sich diesem Thema wissenschaftlich zu nähern: Durch seinen Doktorvater Walter Abendroth erhält er den Forschungsauftrag, die Geschichte der HJ aufzuarbeiten. Dazu wertet er nicht nur zahllose Dokumente aus, sondern nutzt auch als einer der ersten Wissenschaftler die Methode der Oral-History.
1955 erscheint seine Dissertation „Hitlerjugend: Die Jugend und ihre Organisation im Dritten Reich“; zwei Jahre später seine Studie über jugendlichen Widerstand in der NS-Zeit „Gegen den Strom“. Viele Artikel und kleinere Schriften zum Thema schließen sich an, und seine Bücher, insbesondere das 1982 erstmals erschienene „Jugend im Dritten Reich: die Hitlerjugend und ihre Gegner“, erlangen den Status von Standardwerken.
Seit den 1960er Jahren wendet sich Klönne vermehrt tagespolitischen Fragestellungen zu und setzt neue Themenschwerpunkte. Außerdem meldet er sich in den politischen Debatten zu Wort, ist zeitweise Sprecher der Ostermarschbewegung und engagiert sich innerhalb der SPD. Zeit seines Lebens setzt er sich gegen Rechtsextremismus, für demokratische Mitsprache und persönliche Freiheitsrechte ein.
Am 4. Juni 2015 stirbt Arno Klönne in Paderborn. Das Interview mit ihm fand ein Jahr zuvor am 7. Mai 2014 statt. Fotos zu seiner Lebensgeschichte konnte er leider keine beisteuern. Alles, so erklärte er auf die entsprechende Frage, was nicht in einen Rucksack gepasst habe, sei im Hause Klönne nicht dauerhaft aufgehoben worden.
zuletzt bearbeitet am: 08.09.2016