Ernst Loewy an seine Eltern, 16. Dezember 1935

Friedrichshagen, den 16. 12. 35

Meine Lieben!

Bevor ich hier fortfahre, will ich Euch doch noch mal ausführlich schreiben. Ich weiß ja nicht, ob ich bald wieder Zeit dazu habe, und schließlich sind die Postverbindungen von Schniebinchen so, daß es drei oder vier Tage dauert, bis so ein Brief ankommt. Mir geht es sehr gut. Die zehn Butterbrote habe ich natürlich nicht alle gegessen. In Berlin habe ich gestern Mittag noch ein Paar Würstchen gegessen. Wenn wir nicht zu mehreren gefahren wären, wäre die Fahrt totlangweilig gewesen; zu sehen war eigentlich gar nichts. In Duisburg haben wir Walter Stern getroffen. Wir haben natürlich viel Spaß bekommen. In Berlin habe ich Hans und Kurt sofort getroffen. Dann sind wir noch ca. 3 Stunden durch Berlin gebummelt. Untergrundbahn gefahren, Omnibus, Straßenbahn, Stadtbahn. Ich habe ungeheuer viel gesehen: Kurfürstendamm, Tauentzienstr., Wittenbergpl., Potsdamer PL, Gedächtniskirche, Siegesallee, Brandenburger Tor, Unter den Linden, Staatsoper, Dom, Ehrenmal, Zeughaus, Lustgarten, Friedrichstr., Leipzigerpl. usw. usw. Heute morgen war ich mit Hans am Müggelsee, Spreetunnel. So, ich muß nun schließen; wir fahren jetzt nach Charlottenburg.

Also recht viele Grüße an alle.

Herzl. Grüße und Küsse                                                            
Ernst