Bilderbuch für Vergessliche/Bilderbuch für Nachdenkliche

Richard Levy wurde am 7. Februar 1899 als Sohn von Jonas (*1865) und Lina Levy (*1866) und jüngerer Bruder von Erna (*1892) in Krefeld geboren. 1913 brach er die Schule ab, um eine kaufmännische Lehre zu beginnen, die er aufgrund des Kriegsausbruchs aber ebenfalls schon bald aufgeben musste. Stattdessen absolvierte er von 1915 bis 1918 eine Ausbildung zum Dekorateur in Düsseldorf. Der junge Richard war offenbar erfolgreich und zielstrebig, denn bereits 1921 wechselte er als Chefdekorateur und Werbegrafiker zur Firma Weil & Söhne nach Saarbrücken, und stieg schon ein Jahr später zum Werbechef der Zigarettenfabrik Osman Pascha auf. Bereits 1923 übersiedelte Richard Levy als Werbeleiter der Textilfirma Rosenberg & Hertz nach Köln, zwei Jahre später folgte ein Arbeitsaufenthalt in Paris. Ebenfalls 1925 heiratete er Lotte Rosenberg, eine Reiseschriftstellerin und Fotografin. 1926 zog das Paar nach Berlin, wo Richard eine Stellung als Werbeleiter der Textilfirma Fischer, Maas & Kappauf antrat. Ab 1927 durfte er seine bis dahin als Künstlernamen geltende Bezeichnung „Errell" auch offiziell als Namen führen.

Unter diesem Namen arbeitete er fortan erfolgreich als Pionier moderner Werbegrafik und führte die Fotomontage in die Werbekampagnen großer Firmen ein. Außerdem vertrat er die Interessen der Werbegrafiker in den großen Berufsverbänden. Als freier Fotograf wiederum nahm er an den großen Ausstellungen der Zeit teil - etwa an der wegweisenden Stuttgarter Wanderausstellung „Film und Foto“ im Jahr 1929.

Nach der NS-Machübernahme emigrierte Errell 1933 nach Prag, wo er sich im selben Jahr von Lotte Errell scheiden ließ. Als er 1937 das Angebot bekam für die Regierung in Teheran zu arbeiten, wurde ein Zwischenaufenthalt in Tel Aviv zum einschneidenden Erlebnis für sein weiteres Leben. Er blieb dort und heiratete noch im selben Jahr die russische Pianistin Sarah Schapiro, die 1945 Sohn Jonathan zur Welt brachte. Errel widmete sich in Tel Aviv als Bildredakteur der Radiozeitschrift „Forum“ erneut dem Medium der Fotomontage. Zugleich war er für zionistische Organisationen und schließlich auch für die israelitische Regierung als grafischer Berater tätig und verantwortete dabei unter anderem die endgültige Gestaltung der Nationalfahne und des Staatswappens, entwarf Werbedrucksachen und Briefmarken. Nachdem seine zweite Frau 1955 an Tuberkulose gestorben war, unternahm Errell ab 1957 längere Reisen in die Bundesrepublik Deutschland. Hierbei bearbeitete er 1960/61 gemeinsam mit seinem Neffen Ernst Loewy, der die Textredaktion übernahm, auch das legendäre Buchprojekt „Bilderbuch für Nachdenkliche“, einen Text-/Bildband, der neben Gerhard Schoenberners „Der gelbe Stern“ zu den wohl folgenreichsten und wichtigsten Publikationen zur NS-Geschichte dieser Periode zu zählen ist.

Im Klappentext wurde die Publikation so vorgestellt: „Ein Bilderbuch besonderer Art. Richard Errell, der schon 1922 begonnen hatte, Fotografien als grafische Ausdrucksmittel zu benutzen, und dem diese Methode wichtige Impulse verdankt, wendet hier die gleiche Technik an, um die Deutschen mit ihrer Geschichte zwischen 1933 und 1945 zu konfrontieren. 104 Aufnahmen in 52 Bildpaaren rufen nicht nur jenen, die vergessen haben, sondern auch der neuen Generation die unheilvollste Epoche unserer jüngeren Geschichte ins Gedächtnis. Die Aufnahmen enthalten Schätze. Die Fotos werden jeweils ergänzt durch ein entsprechendes Zitat. Der Textteil gibt Gedichte und Prosa aus der Feder geistiger Schrittmacher und Apologeten des damaligen Regimes, die heute nicht mehr wahrhaben wollen, was sie damals schrieben, und Äußerungen ihrer Widersacher. Ein ausführliches Glossar erläutert nationalsozialistische Begriffe und Redewendungen.“

Nachdem Errell 1957 Jenny Danielsohn geheiratet hatte, zogen sie 1960 in die Schweiz, wo sie gemeinsam bis zu seinem Tod am 19. Juni 1992 in Locarno lebten.[1]

Fußnoten

[1] Die Darstellung folgt www.hohenemsgenealogie.at/gen/getperson.php?personID=I9652&tree=Hohenems.