Ernst Loewy an seine Eltern, 27. März 1936

den 27.3.36.

Auf der Tel-Aviv

Meine Lieben!

Ich liege schon im Bett, möchte Euch, bevor ich einschlafe, aber doch noch mal ausführlich schreiben, denn morgen früh um sieben legt der Dampfer in Spalato (Jugoslawien) an, und dann kann die Post noch mit abgehen. Der Dampfer bleibt dort den ganzen Tag liegen, um Kohlen einzunehmen, und wir gehn in der Zeit spazieren.

Die Eisenbahnfahrt über die Tauern war prachtvoll. Spät abends sind wir in Triest angekommen und sind dann noch fast

eine Stunde bis zum Beth Olim gegangen. Heute morgen sind wir um 9 Uhr dort weggegangen. Die Passangelegenheiten mögen 2 Stunden gedauert haben.

Deine beiden Karten habe ich erhalten. An Geld habe ich jetzt:
½ Engl. Pfund
⅕ pal. Pfund
1 ½ ital. Lire.

Onkel Sali wird mir bald 10 M schicken.

Nun über die Tel-Aviv. Äußerlich ist sie nicht besonders schön. Aber innen ist sie ganz fabelhaft eingerichtet. Aber, wenn man sie sich doch

mal ein bißchen genauer ansieht und mal in die Mannschaftskabinen sieht, dann vergeht einem wirklich die Freude. Schauderhafte, von Schmutz stierende Löcher, das sind die Wohnungen der Matrosen. Die Tel-Aviv ist übrigens schon ein sehr altes Schiff, nur vor zwei Jahren vollkommen überholt worden. Die Kabinen, Eßräume, Klosetts und Waschräume alle vollkommen neu und prachtvoll eingerichtet.

In den Mannschaftsräumen aber war bestimmt seit

10 Jahren nicht das Geringste mehr gemacht worden. Das verdirbt einem eigentlich die ganze Freude, wenn man sieht, wie schön wir hier alle wohnen und in welchen Dreckbuden hier die Matrosen hausen. Die Räume bei uns sind ganz fabelhaft. Fließendes warmes und kaltes Wasser, vier Betten in einem Raum, über jedem ein besonderes Licht, ein elektrischer Ventilator u.s.w.

Nun Schluß.

Laila tow (auf Deutsch: Gute Nacht)      
Ernst