Ernst Loewy an seine Eltern, 12. April 1936
Kirjat Anavim, am 12.
Meine Lieben!
Heute, an Deinem Geburtstage, lb. Mutter, erhielt ich Euren Brief vom 1., der am 2. in Krefeld abgestempelt war. Unterdes werdet Ihr wohl meinen Brief aus Haifa erhalten haben, wenn auch mein Geburtstagsbrief mit einiger Verspätung ankommen wird. (Ich nehme es wenigstens an)
Ich merke natürlich nichts davon, dass heute Ostern ist; wir haben gewöhnlichen Arbeitstag. Allerdings haben wir morgen am letzten Pessachtag frei.
Ich habe Euch in den letzten Wochen ja recht viel geschrieben. Aber dennoch werde ich ja wohl sehr vieles vergessen haben. Schreibt mir bitte das nächste Mal genau, was Ihr noch wissen wollt.
Für den Antwortschein besten Dank, schickt mir bitte immer welche. Auch besten Dank an Herrn Kraenberg für die Marken. Gestern und auch heute war es hir fürcherlich heiss, gestern war es 41° in der Sonne. Wir haben allerdings jetzt noch Frühling hier - aber jetzt soll doch hier die mieseste Zeit sein, noch wärmer soll es hier selten werden. In der vorigen Woche hatten wir sogar noch Regen. Wir laufen hier fast nackt rum. Turnhose, Polohemd, und Turnschuhe. Die Arbeit bei der Hitze ist nun reichlich ungemütlich, aber man muss sich dran gewöhnen. In der heissesten Zeit um Mittag arbeiten wir natürlich nicht.
Unsere Arbeitszeit ist augenblicklich ungefähr so: Von 5-½ 12 Arbeit, dazwischen um 9 Uhr herum Frühstückspause. Essen von ½ 1-1. Von ½ 3 bis 4 Iwrith. Um 7 Abendessen. Dazwischen immer Freizeit. Um 9 Uhr zu Bett.
Die besten Grüße sendet Ihnen Walter Stern.
Heute am 15. war nochmals ein Arzt hier und hat uns alle noch mal sehr gründlich untersucht, konnte natürlich bei mir nichts feststellen.
Die Karte von Euch habe ich erhalten, deinen Brief, lb. Pips, ins Beth Olim aber nicht. Ich schlafe mit 3 Jungens zusammen, die Ihr alle nicht kennt, einer aus Berlin, einer aus Hamburg, und einer aus Leipzig. Von dem Geld habe ich ein halbes P. Pfund übrig behalten, was ich aber abgegeben habe, denn in unserer Kasse muss ja auch Geld sein. Ich freue mich, dass alle Leute mir Gutes wünschen; ich wünsche mir nur eines, nämlich, dass alle die Wünsche auch wirklich in Erfüllung gehen. Dass Gerda sich mit Vater wieder ausgesöhnt hat freut mich wirklich sehr; auch freut es mich, dass Vater ein gutes Geschäft macht. Fangt doch mal an zu sparen, dass mich einer von Euch mal in zwei Jahren (womöglich noch eher) besuchen kann. Wie ich schon im letzten Brief bemerkte, ist hier leider von den Feiertagen nur sehr wenig zu sehen. Am ersten und letzten Tag ist frei, und statt Brot isst man Mazze; das ist so ziemlich alles, was man hier vom Pessach sieht.
Schwimmgelegenheit haben wir hier nicht, wohl Brausen, die wir wegen Wassermangel nur 2 x wöchentlich gebrauchen dürfen.
Landschaftlich ist es hier sehr schön. Wir machen viele Ausflüge; von einem Berg sieht man auf der einen Seite Jerusalem, auf der andern, ganz in der Ferne, das Meer.
Für heute nun Schluss. Seid alle tausendmal geküsst von Eurem Ernst.
K. A., den 14.4.
M. L. Gerade beim Mittagessen erhielt ich Euren Brief vom 6.4.36. Ich habe soviel gegessen, dass ich meinen Gürtel um 2 Löcher weiter machen musste. Für die vielen Grüsse von allen danke ich Euch sehr. Grüsst alle von mir wieder. Schreiben kann ich vorläufig noch keinem. Die Grüsse an Kakel habe ich bestellt; an Rülps konnte ich sie nicht mehr ausrichten, er ist schon 8 Tage fort. Unser neuer Führer ist sehr, sehr nett. Schluss nun.
Viele Grüsse und Küsse von Eurem Ernst.
Übrigens habe ich an E. Lamm von meinem übrigen Geld aus München noch 2 Filme geschickt.