Ernst Loewy an seine Eltern, 27. April 1936

K. A., den 27.

Heute erhielt ich von Onkel Richard einen Brief aus Prag. Auch er will mir Geld schicken. Heute und gestern habe ich mitgeholfen eine Wasserleitung von einem Feld auf ein anderes umzulegen. Sonst hatten wir die letzten Tage fast nur Tomaten gepflanzt und begossen. Drei Stunden hintereinander begiessen - schonmal wünsche ich mir doch bei uns im Garten eine halbe Stunde Blumen zu begiessen. Aber trotzdem macht mir die Arbeit im grossen ganzen Freude.

Das Wichtigste hier in der Kwuzah ist der Kuhstall. Wir haben hier drei Stück, in dem größten sind ungefähr 75 Kühe. Dort wird auch maschinell gemolken. Außer den 150 Kühen haben wir auch noch drei schwere Bullen und eine Menge Kälber.

Das zweitwichtigste hier ist der Obstgarten. Wir haben hier besonders viel Äpfel. Außerdem Kirschen, Aprikosen u. vieles andere. Zuerst ist hier vor 16 Jahren der Weinberg angelegt worden. Auch er bringt viel ein. Die Trauben werden aber nicht zu Wein verarbeitet, sondern gegessen. Sie sollen besonders gut hier sein. Viel bringen auch die Bienen ein - und sehr groß ist auch der Hühnerstall. Auch sehr viel Gemüse haben wir hier. Fast alle Erzeugnisse werden in Jerusalem an die Tnuvah abgeliefert.

Ungefähr 45 Leute sind hier schon seit 16 Jahren, und zwar alles Russen (seit der Gründung). Vor 2 Jahren kamen hier 35 Polen hin. Dann vor einem halben Jahr ungefähr 8 Deutsche. Einer ist aus Jemen, und die andern Leute kamen auch alle einzeln hierher, und zwar nur Russen und Polen und ein Italiener. Außer der Kwuzah ist hier noch eine Gruppe „Hanoar Zioni“ von ca. 50 Leuten, die mit der Kwuzah aber nichts zu tun haben. Sie bilden eine Gruppe für sich, die auch für sich arbeitet - nur lebt sie auf dem Boden der Kwuzah. Von dem Boden von 4 000 Dunam sind nur ca. 400 Dunam bearbeitet. Auf dem übrigen Boden steht zum großen Teil Wald.

K. A. am 28.

Heute erhielt ich einen Brief vom 19. und einen Brief von der Hubertusstr. Für beide Briefe, sowie die Antwortscheine besten Dank. Auch Fritz Seligmann schrieb daran. Auch für ihn viele Grüsse. - Wie ich eben höre kostet eine Tafel Schokolade zu schicken nur 15 Pfg. Porto und überhaupt keinen Zoll; sie muss allerdings ausgepackt werden und dann in Pergamentpapier und Pappumschlag verschickt werden.

K. A. am 29.

Heute erst haben wir unsere Sachen richtig eingeräumt. Wir haben hier einen besonderen Raum für all unsere Sachen.

Morgen am 1. Mai ist auch hier in ganz Erez ein „Tag der nationalen Arbeit”. - Ich bekam heute meine Bilder wieder - es sind nur wenige was geworden. Zwei gehen an die Jugendhilfe, die ja 30 Abzüge für alle Eltern machen lässt - Ihr werdet sie später bekommen. Ein Negativ schicke ich Euch mit. Lasst bitte 2 Abzüge davon machen und schickt mir bitte eins davon wieder. Das Kreuz bezeichnet die Steinplatte, von der in der „Sage von Dilb” die Rede ist.

K. A. am 2. Mai.

Ich habe Euch heute eigentlich nichts neues mehr mitzuteilen. Heute und gestern hatten wir arbeitsfrei.

Bestellt Lorchens bitte viele Grüsse, ich werde ihr nächste Woche wieder ausführlich schreiben.

Seid alle vielmals und herzl. gegrüsst und geküsst von
Eurem Ernst.