Ernst Loewy an seine Eltern, 26. August 1936
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K. A. Mittwoch, den 26.8.
Heute erhielt ich die „Berliner Illustrierte” mit dem Briefpapier, wofür ich Euch sehr danke. Es wird sich in Berlin wohl allerlei getan haben. In allen Zeitungen liest man nicht anderes mehr als Olympia und Spanien. Gestern haben wir hier ein kleines Feuerchen gehabt. Man hat altes Holz angezündet. Durch den wind griff dann das Feuer auf eine ausgedörrte Rasenfläche über, und es hätte nicht viel gefehlt, dann wäre es an die Holzbaracken gekommen. So konnten wir noch gerade das Gras dazwischen aushacken, so dass das Feuer nicht weiter greifen konnte, und liessen es dann ausbrennen. Ausser einer alten Latrine, die schon längst nicht mehr in Gebrauch war, ist sonst nichts verbrannt. - Um noch einmal auf die kranken Kühe zurückzukommen - es ist nicht das erste Mal, dass hier die Abortuskrankheit alle Kühe ergreift - es ist schon ein- oder zweimal vorher passiert und musste man neue Kühe kaufen. Übrigens müssen die Kälber nicht unbedingt alle tot geboren werden. Die Kühe gebären nur fast immer mehrere Monate zu früh, so dass es vorkommen kann, wenn es nicht allzu früh ist, dass die Kälber am Leben bleiben - das kommt aber selten vor. Nachdem jetzt die Ernte von Wein, Äpfeln, Birnen u.s.w. so ziemlich am Ende ist, werden hier jetzt tropische Früchte reif: Feigen, Oliven und Johannisbrot. Diese werden aber nicht abgeerntet, da sich das nicht lohnt. Es sind alles alte Bäume, die wild hier durcheinander stehen. Die Kinder können sie abpflücken und wir. Rohe Feigen habe ich hier das erste Mal gegessen, auch Oliven, die aber fürchterlich schmecken. Jede Woche kommt jetzt ein Chawer vom Bund aus Jerusalem, der mit uns eine Sichah macht - über den Staat, Aufbau, Formen, Kapitalismus, Sozialismus u.s.w. Wir wollen dadurch systematisch besprechen, wie ein Staat entsteht, wie die Wirtschaft entsteht u.s.w. Ist sehr interessant. Hier in Erez hört man soviel von Sozialismus, Arbeiterbewegung u.s.w., dass man sich mal wirklich klar darüber werden muß, was das alles ist und wie es entstanden ist.
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29.8.36.
Vorgestern erhielt ich Euer Geld, Fusslappen und Karte. Vielen Dank für alles. - Gestern ist in der Nähe von Moza auf unser Lastauto geschossen worden, wobei einer getötet, einer schwer, und einer leicht verwundet wurde. Alle drei waren nicht aus Kirjath Anavim. - Leider habe ich Euch noch in jedem Brief miese Nachrichten mitzuteilen. -
Am kommenden Dienstag holt Herbert's Bruder diesen ab, um nach Haifa zu fahren. In einigen Tagen kommt übrigens auch Manfred Mendels Vater aus Essen hierher - ich habe es selbst erst gestern erfahren. - Vor ein paar Wochen hat ein Verwandter von einem Chawer von mir Herbert und mich zusammen aufgenommen. Ich habe vorhin das Bild gesehen, Herbert ist sehr gut getroffen, ich weniger; wir bekommen beide einen Abzug und werde ich Euch wohl das nächste Mal das Bild schicken. Ich weiss sonst für heute nichts neues mehr. Euch allen viele Grüsse und Küsse von
Eurem Ernst.
Für Waidhaus!
Kirjat Anavim, am 29. Aug.
Meine Lieben!
Auch Ihr sollt nun endlich etwas von mir hören. Ich bin nun schon fast fünf Monate im Lande und habe mich schon recht gut eingelebt. Auch an die Arbeit habe ich mich schon gut gewöhnt. Morgens arbeiten wir und haben mittags Unterricht, besonders im Hebräischen. Mir geht es sehr gut, und hoffe von Euch dasselbe. Wir haben es hier wunderschön, habe ein eigenes Haus mit acht Zimmern, davon ein Schulzimmer, und sieben Schlafzimmer, in denen je vier Leute schlafen. Wir haben jetzt gerade die Weinernte hinter uns, hier ist ein grosser Weinberg; dann haben wir einen Kuhstall mit insgesamt 150 Kühen, einen Hühnerstall mit 2500 Hühnern, eine Imkerei mit 350 Bienenstöcken, grosse Obstgärten, Gemüse u.s.w. Die Kwuzah hat mit uns und den Kindern an die 200 Menschen. - Nun Schluss.
Mit herzl. Grüssen und Küssen Euer Ernst.