Ernst Loewy an seine Eltern, 20. Januar 1937

Mittwoch, den 20.1.36. [richtig: 37]

Ich habe einmal mein Geld zusammengerechnet; es sind über 9 ½ £P. Damit kann ich schon über zwei Monate (eventuell sogar drei) leben. Ich hoffe, dass ich, bis Du, lb. Pips, einmal kommst, schon so viel habe, dass es Dir für den Aufenthalt im Lande genügen wird. Und nun zu Eurem Brief: Was Ihr über Ernst Lamm schreibt, freut mich sehr, hoffentlich wird es ihm wirklich gelingen, in nicht zu langer Zeit herüberzukommen. Aber auf lange Zeit hinaus soll man vorläufig eigentlich garnicht denken. Erst einmal abwarten, was die nächsten Monate uns bringen werden. - Dass es bei Euch noch nicht geschneit hat, wundert mich allerdings sehr, wo es hier schon in Erez (beinahe die Tropen) geschneit hat. Nachdem es die letzten Tage wieder sehr geregnet hat, war heute wieder der schönste Sonnenschein. Die Tage zwischen den Regentagen sind überhaupt die schönsten vom ganzen Jahr, d. h. wenn es nicht so kalt ist, wie es hier einmal war. Aber das ist auch nur ein Ausnahmefall. Das Landschaftsbild ist hier im Winter völlig verschieden als im Sommer. Die ganze Kwuzah wid durch Regenbäche (Wadis) durchzogen, die zum Teil bis zu einem Meter breit und 30 cm tief sind. Auch noch Tage nach dem Regen fliesst das Wasser von den Bergen herunter. - Meine Stiefel passen mir jetzt ausgezeichnet - man sieht es ihnen übrigens garnicht an, dass sie geweitet sind. Gekostet hat es 6 Piaster. Hosen habe ich satt und genug. Die karierte Breeches hebe ich mir fürs nächste Jahr auf. - Wenn wir im Zimmer sind, ziehen wir natürlich immer Hausschuhe, da wir mit unsern andern Schuhen bei dem Dreck draussen doch unsern ganzen weiss gekachelten Boden versauen würden. - Sport haben wir schon seit Monaten nicht getrieben. Erstens haben wir nicht viel Zeit und zweitens ist es grade jetzt bei dem Dreck und Schlamm draussen unmöglich, und in der Zeit der Unruhen hat es die Kwuzah nicht gerne gesehen. - Eine Sanitätskolonne haben wir hier nicht. Wir haben immer eine Krankenschwester hier, augenblicklich eine, die früher sogar Ärztin war. Ausserdem haben wir bei uns noch einen grossen Verbandskasten, den Ilse verwaltet. - Dass Ihr soviel raucht will mir allerdings garnicht gefallen, besonders bei Dir, lb. Mümlein. Womöglich kommt nachher noch Bridge dazu und am Ende noch der Lippenstift. Na, das wollen wir doch nicht hoffen, sonst käme ich womöglich extra mit einem Besen noch herüber gefahren.